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Rost-Prozesse "live" verfolgt  
  Deutsche Forscher haben untersucht, was sich beim Rosten von Metallen auf atomarer Ebene abspielt. Zu ihrer Überraschung entsteht dabei zunächst eine perfekte Schutzschicht, deren Struktur und chemische Zusammensetzung sie entschlüsseln konnten.  
Wie Andreas Stierle vom Max-Planck-Institut für Metallforschung und Kollegen in "Nature" berichten, haben sie die Korrosionsprozesse quasi "live" verfolgt.

Damit konnten sie Grundsteine für neue Technologien liefern, die vielleicht dabei helfen, diese Prozesse zu beherrschen.
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Die Studie "Initial corrosion observed on the atomic scale" erschien in "Nature" (Bd. 439, Seite 707; Ausgabe vom 9.2.06).
->   Abstract in Nature
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Kupfer-Gold-Legierung untersucht
Bis zu drei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts jährlich gehen durch Rost verloren, warnt die Max-Planck-Gesellschaft in einer Aussendung eindrücklich. Was dabei genau vor sich geht, war bisher aber nicht bekannt.

Deshalb hat das Team um Stierle nun eine Kupfer-Gold-Legierung (Cu3Au) untersucht, deren Komponenten ein stark unterschiedliches Korrosionsverhalten aufweisen.

Während Kupfer schon bei kleinen Korrosionspotenzialen in eine schwefelsäurehaltige Lösung übergeht, ist Gold weitaus widerstandsfähiger.
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Korrosionspotenzial
Das Korrosionspotenzial ist jene elektrische Spannung, die man zwischen der Probe und einer Referenzelektrode durch den Elektrolyten anlegt.
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Forschung im Pikometer-Bereich
Mit Hilfe der Synchrotronstrahlung haben die Forscher nun das Einsetzen der Korrosion bei dieser Legierung in hoher Auflösung und zerstörungsfrei untersucht.

Dabei ist es gelungen, die Grenzfläche zwischen dem flüssigen Elektrolyten und dem Legierungskristall direkt während des Korrosionsprozesses zu analysieren.

Die Vorgänge konnten mit einer Auflösung im Pikometer-Bereich (1 Pikometer = 1 Billionstel-Meter bzw. 1.000 Pikometer = 1 Nanometer) beobachtet werden.
->   Synchrotronstrahlung (Wikipedia)
Schicht in Spiegelstruktur
Wird nur wenig Kupfer aus dieser Grenzfläche herausgelöst, verändert sich diese und es bildet sich eine einkristalline, nur drei atomare Lagen dicke, goldreiche Passivierungsschicht, die die Oberfläche des Materials zunächst vor weiterer Korrosion schützt.

Diese Grenzfläche des Materials verhält sich zum Elektrolyten (Substrat) wie ein Spiegel, der bewirkt, dass der Film mit der Zwillingsstruktur des Substrats aufwächst.
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Passivierungsschicht
Setzt man metallische Werkstoffe einer korrosiven Umgebung (z.B. Luft) aus, bildet sich eine dünne Korrosionsschicht. Diese trennt nun Metall von Umgebung, sodass eine Oxidation nur nach Diffusion durch diese Passivierungsschicht möglich ist. Auf diese Art wird ein weiterer Korrosionsprozess verhindert.
->   Passivierung (Wikipedia)
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Kupfer wird herausgelöst ...
Erhöht man nun das Korrosionspotential weiter durch Änderung der elektrischen Spannung zwischen Probe und Referenzelektrode, so wird auch das restliche Kupfer aus der zunächst schützenden Passivierungsschicht herausgelöst.
... und Goldinseln entstehen
Bild: Max-Planck-Institut für Metallforschung
Mikroskop-Aufnahme der Cu3Au-
Oberfläche nach Auflösung der Passivierungs-schicht: 10 bis 20 Nanometer große Goldinseln
Die verbleibenden Goldatome bilden etwa zwei Nanometer hohe Goldinseln, die die Oberfläche nicht mehr komplett bedecken.

Dieser Vorgang, auch Entnetzung genannt, ist bereits aus der Natur bekannt, wenn sich etwa Regentropfen auf einem Blatt zusammenziehen.

Die Korrosion schreitet nun über die direkt mit dem Elektrolyten in Kontakt stehenden Cu3Au-Flächen fort und es bildet sich eine löchrige, schaumartige Struktur mit Korrosionsporen.
Erkenntnisse für Materialwissenschaftler
Mit Hilfe der kontrollierten Korrosion bei höheren Potentialen lassen sich Materialoberflächen chemisch im Nanometerbereich strukturieren.

Schreitet die Korrosion immer weiter voran, bildet sich schließlich ein nanoporöser Goldfilm, der auf Grund seiner sehr großen Oberfläche etwa als Katalysatormaterial genutzt werden kann.

[science.ORF.at/MPG, 9.2.06]
->   Max-Planck-Institut für Metallforschung
Mehr zum Thema in science.ORF.at:
->   Warum der Stahl rostet (16.2.02)
->   Sonnenlicht kontra Korrosion (22.02.03)
 
 
 
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01.01.2010