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Das Gehirn lernt im Schnellrücklauf  
  Kürzlich gemachte Erfahrungen werden vom Gehirn beim Lernen noch mehrmals abgespult - allerdings im Schnellrücklauf. Das berichten US-Forscher auf Grund von Versuchen an Ratten.  
Damit könnten auch scheinbar untätige Phasen durchaus essenzielle Bestandteile des Lernprozesses sein, meinen die Neurowissenschaftler David J. Foster und Matthew A. Wilseon vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge.
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Die Studie "Reverse replay of behavioural sequences in hippocampal place cells during the awake state" wurde im Fachmagazin "Nature" (12.2.06; DOI: 10.1038/nature04587) online veröffentlicht.
->   Abstract der Studie
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Hippocampus: Gedächtnis und Lernen
Die Forscher untersuchten die Gehirnaktivität von Ratten während und nachdem diese durch Labyrinthe liefen. Dabei wurden 100 einzelne Gehirnzellen des Hippocampus beobachtet, einer Hirnregion, die stark an Lern- und Gedächtnisfunktionen beteiligt ist.

Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass der Hippocampus im Schlaf immer wieder Nervenaktivitäten wiederholt, die während eines bestimmten Ereignisses stattgefunden haben. Dieser Prozess ist offenbar wichtig, um Erinnerungen abzuspeichern und einzuordnen.
Verkehrtes und schnelles Wiederabspulen
Das Ergebnis des Versuchs: Das Gehirn der Ratten zeigte während des Labyrinthlaufs charakteristische Muster an Nervenaktivitäten. Diese wiederholten sich, wenn die Ratten danach rasteten und sich putzten - allerdings in verkehrter Reihenfolge und höherer Geschwindigkeit.

Die Wiederholungen könnten den Tieren helfen, die neuen räumlichen Eindrücke fest zu verankern, meinen die Wissenschaftler. Das würden auch ihre Beobachtungen zeigen, denen zufolge die Rückspulaktivität nach einem Lauf durch ein unbekanntes Labyrinth deutlich größer gewesen sei, als nach Läufen in einer vertrauten Umgebung.
Assoziation von Erfahrung und Folgen
Doch warum läuft das Erlebte zeitlich rückwärts ab? Nach Ansicht der Forscher gelingt es den Ratten auf diese Weise besser, den Ausgang und die Folgen besser mit dem Erfahrenen zu assoziieren, sprich: zu lernen. Durch den direkten Zusammenhang von Handeln und Ergebnis, ließen sich später in ähnlichen Situationen die Konsequenzen besser einschätzen.

Sollte sich herausstellen, dass auch beim Menschen ein solcher Rückspulmechanismus existiert, könnte das helfen, Lernstörungen zu verstehen und ferner auch zu behandeln. So könnten Lernprobleme hyperaktiver Kinder damit zusammenhängen, dass diesen Ruhepausen fehlen, in denen Erfahrungen zurückgespult und verankert werden können.

[science.ORF.at, 13.2.06]
->   Massachusetts Institute of Technology MIT
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
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01.01.2010