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Per Mausklick ins Mittelalter  
  Das Mittelalter ist nun zum Greifen nahe: Eine Wiener Kunsthistorikerin hat im Zuge ihres vom Wissenschaftsfonds (FWF) geförderten Forschungsprojekts über die Architektur des 13. Jahrhunderts in Österreich ein virtuelles Modell der mittelalterlichen Burg Starhemberg im Piestingtal entwickelt.  
Eine CD-Rom mit neuem Informations- und Navigationssystem ermöglicht die Zeitreise per Mausklick.
13. Jahrhundert als Virtual Reality

Die Überreste der Annenkapelle
Es mutet wie eine spannende Science-Fiction-Story a lá Michael Crichtons neuem Roman "Timeline" an, ist aber Wirklichkeit - zumindest in der "Virtual Reality" einer CD-Rom: Im Zuge eines Forschungsprojekts über die Architektur des 13. Jahrhunderts erstellte die Wiener Kunsthistorikerin Barbara Schedl ein virtuelles Modell der Burg Starhemberg und ihrer Annenkapelle im Piestingtal westlich von Wiener Neustadt (NÖ).

Die virtuellen Rekonstruktionen und die wissenschaftlichen Ergebnisse der Untersuchungen fasste Schedl in einer CD-Rom zusammen, die seit Anfang des Jahres im Handel erhältlich ist.
Zweijährige Forschungsarbeit
In einer zweijährigen Forschungsarbeit analysierte die Wissenschaftlerin vom Institut für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit der Akademie der Wissenschaften anhand von Ruinenresten, Planunterlagen, schriftlichen Quellen und der historischen Bilddatenbank ihres Instituts die Architektur von mittelalterlichen Bauten aus dem 13. Jahrhundert wie der Minoritenkirche in Wien, der Dominikanerinnen-Klosterkirche in Imbach und der Ruine von Burg Starhemberg.
Virtuelle Rekonstruktion

Um die Ergebnisse dieser Analysen nicht nur Wissenschaftlern, sondern auch einem größeren Publikum zu präsentieren, bediente sich Schedl den Möglichkeiten der neuen Medien: Die Erkenntnisse wurden mit Hilfe der CAD-Technik in einem virtuellen Modell auf einer CD-Rom erfasst, um die Daten anhand der virtuellen Rekonstruktion der Burg und Kapelle für interessierte Laien und Wissenschaftler gleichermaßen nachzuvollziehbar zu machen.

Dazu entwickelte die Wissenschaftlerin gemeinsam mit Computerspezialisten der Firma "mediatecture" ein neues Informations- und Navigationssystem, das den Visualisierungen hinterlegt ist. Es ermöglicht dem Benutzer die herangezogenen Quellen wie Schriften, Bilddokumente oder Baubefunde jederzeit abzurufen und den Weg der virtuellen Rekonstruktion zu verfolgen.
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CAD
CAD: Abkürzung für die englische Bezeichnung "Computer Aided Design", zu deutsch "Computer unterstütztes Design". Unter CAD versteht man die Apostrophierung für den Entwurf und die Konstruktion von technischen Produkten mit Hilfe geeigneter Computer und Grafikprogramme.
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Erste Folge virtueller Mediaevistik

Die CD-Rom der Annenkapelle ist der Prototyp der von Barbara Schedl initiierten Publikationsserie "Virtuelle Mediaevistik", die gezielt derartigen Forschungsprojekten eine Plattform zur Realisierung bieten soll.

"Das Ziel dieser Serie ist es, komplexe, wissenschaftliche Forschungen mit interdisplinären Charakter einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen", erläutert die Kunsthistorikerin die Idee. "Im Zeitalter der modernen Kommunikations- und Medientechnologien erweist sich das Medium "CD-Rom" in Verbindung mit einer umfangreichen multimedialen Aufarbeitung der wissenschaftlichen Inhalte als ideale Kommunikationsfläche.

Die CD-Rom ermöglicht einerseits die Verwendung virtueller Rekonstruktionsmodelle als spielerisch ansprechende Navigationsfläche, andererseits bietet die multimediale Aufbereitung die Möglichkeit, grafisch und inhaltlich ansprechend aufbereitete Textinformationen und originale wissenschaftliche Textbeiträge zu integrieren."
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Die drei Ebenen der CD-Rom
Die neuentwickelte Verbindung dieser Elemente erweitert den Benutzungsrahmen einer CD-Rom: In einem übersichtlich gestalteten 3-Ebenen-System gewinnt der Benutzer einerseits Übersicht über das virtuelle Modell und kann darin navigieren. In einer weiteren Ebene erhält er durch Anklicken des Objekts eine verständliche und grafische gestaltete, kurze Textinformation über den jeweiligen Gebäudekomplex. In einer dritten Ebene sind ausführliche, wissenschaftliche Informationen mit Quellennachweisen angegeben. "Mit Hilfe des neuen Informationssystems richtet sich die CD-Rom sowohl an eine breite Öffentlichkeit wie interessierte Laien, Schüler und Kinder, als auch an StudentInnen der Fachbereiche Geschichte, Archäologie und Kunstgeschichte sowie an die Wissenschaftler selbst", resümiert Barbara Schedl das Publikationskonzept. "Je nach Interesse und Wissensstand ruft man einfach jene Ebene auf, die die adäquate Informationsdichte liefert."
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Architektur: Phantasie und Realität
Aus dem ursprünglich rein baugeschichtlichen Forschungsprojekt rund um die Annenkapelle entwickelte sich jetzt unter dem Titel "Architekturphantasien-Architekturrealitäten" ein vom Wissenschaftsfonds (FWF) gefördertes Projekt, in dem sich die Kunsthistorikerin Schedl mit dem Aspekt des mittelalterlichen Kircheninnenraums hinsichtlich seiner Benutzbarkeit und seiner festlichen Ausstattung auseinandersetzt.
Intensiver Einsatz von Farben
Eine der Erkenntnisse aus dem ersten Projekt war der intensive Einsatz von Farben in der Architektur des Mittelalters. Dazu hat die Kunsthistorikerin mit der Visualisierung der ehemaligen Dominikanerinnen-Klosterkirche in Tulln begonnen, die durch die jüngsten Ausgrabungsfunde höchste Aktualität in der Bauforschung hat.

Inhaltlich konzentriert sich die virtuelle Rekonstruktion vor allem auf die Ausstattung des Innenraums der königlichen Frauenklosterstiftung. Die CD-Rom dieser Klosterkirche soll voraussichtlich im Herbst erscheinen.

Eva Maria Gruber, Universum Magazin
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Die CD-Rom
Starkenberch urbs. Ein virtuelles Modell der Burg Starhemberg in Niederösterreich von Barbara Schedl (Hrg.), CD-Rom für Windows und Mac inklusive Booklet, Ö. Kunst- und Kulturverlag.
erhältlich im Buchhandel um öS 350,-
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->   ÖAW-Instititut für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit
->   Wissenschaftsfonds
 
 
 
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01.01.2010