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Neuartige Neutronensterne entdeckt  
  Die Menagerie kosmischer Objekte hat wieder Zuwachs bekommen: Astronomen entdeckten eine völlig neue Klasse von Neutronensternen, die vor allem durch ihre Sparsamkeit auffallen, mit der sie ihre Radiosignale ins All senden. Sie tun das lediglich für einige Millisekunden - unterbrochen von Signalpausen, die einige Stunden dauern können.  
Die Forscher um M. A. McLaughlin von der University of Manchester gehen davon aus, dass sich die "rotating radio transients" wie Pulsare um ihre eigene Achse drehen. In Bezug auf die Feldstärke und andere physikalische Eigenschaften unterscheiden sie sich jedoch klar von ihren berühmten Verwandten, den Pulsaren.
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Die Studie "Transient radio bursts from rotating neutron stars" von M. A. McLaughlin et al. erschien in "Nature" (Bd. 436, S. 817-20; doi: 10.1038/nature04440).
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Existenz durch Messung
Existiert die Welt auch dann noch, wenn man nicht hinsieht? Die Frage ist alt, und die daraufhin entwickelten Antworten höchst unterschiedlich. Eine davon stammt vom irischen Philosophen George Berkeley, der seine Position mit dem berühmten Motto "esse est percipi" - "Sein heißt Wahrgenommenwerden" umschrieben hat. Die Welt ist, indem sie von uns erfahren wird, so Berkeley, real ist nur das wahrnehmende Subjekt, sonst nichts. Punkt.

Das würde man heute freilich nicht mehr ohne weiteres unterschreiben, aber dennoch erinnert Berkeleys Ausspruch an eine Frage, die sich Astronomen tagtäglich stellen, wenn sie in die Weiten des Kosmos blicken: Was existiert da draußen? Wohl nur das, was man auch durch Messinstrumente nachweisen kann. Und das hängt wiederum ganz davon ab, wie und wonach man sucht.
Der blinde Fleck der Radioastronomie
Wie ein Team um M. A. McLaughlin von der University of Manchester berichtet, haben Astronomen zwar den Kosmos in den letzte Jahren systematisch nach Radiosignalen abgesucht, allerdings mit einen blinden Fleck. Denn bis vor kurzem richtete man das Augenmerk vor allem auf dauerhafte Signale oder kosmische Explosionen. Solche hingegen, die die kosmische Bühne leise und vorübergehend betreten, übersah man geflissentlich.

Das änderte sich, als letztes Jahr US-Forscher eine neuartige Strahlungsquelle namens GCRT J1745−3009 entdeckten, die vermutlich im Zentrum unserer Galaxis liegt (Nature 434, S. 50).

Ungewöhnlich daran war insbesondere das Muster, mit der GCRT J1745−3009 seine elektromagnetischen Wellen in den Kosmos entsendete: Dabei wechselten sich zehnminütige Signalperioden mit 77-minütigen Pausen ab, weswegen man das Objekt auch als "radio transient" bezeichnete.
Neuentdeckung: Rotierende Radioquellen
 
Bild: Russell Kightley Media

Ähnlich stellt sich die Situation nun für M. A. McLaughlin und seine Kollegen dar: Sie entdeckten elf Strahlungsquellen, die sie in eine völlig neue Klasse kosmischer Objekte einordnen, die "rotating radio transients" (RRTs; siehe künstlerische Darstellung oben). Diese senden ihre Radiosignale jeweils zwei bis 30 Millisekunden in das All und schweigen dann für die Dauer von vier Minuten bis zu drei Stunden.

Eine Analyse der Daten ergab außerdem, dass zehn der elf Signale offenbar eine individuelle Periode aufweisen, die zwischen 0,4 und sieben Sekunden dauert. Das weist darauf hin, dass es sich bei den RRTs um rotierende Neutronensterne handelt.
Verwandte der Pulsare
Bei rotierenden Neutronensternen denkt man zunächst an die altbekannten Pulsare, aber McLaughlin und sein Team weisen darauf hin, dass die RRTs viel längere Signalperioden und schwächere Magnetfelder als die "handelsüblichen" Pulsare aufweisen.

Und sie sind vermutlich auch viel zahlreicher als ihre berühmten Verwandten: Da die RRTs die meiste Zeit "stumm" sind, ist die Chance, sie zu entdecken, äußerst gering. Das Team um McLaughlin vermutet, dass es mindestens 400.000 solcher Objekte in unserer Galaxie geben sollte. Zum Vergleich: Die Zahl der Pulsare in der Milchstraße wird auf rund 100.000 geschätzt.

[science.ORF.at, 16.2.06]
->   Pulsar - Wikipedia
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01.01.2010