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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Grönlands Gletscher schmelzen schneller  
  Grönlands Gletscher schmelzen deutlich schneller als bisher vermutet wurde. Neuen Satellitenmessungen zufolge hat sich die Menge des Schmelzwassers aus den Gletschern in den vergangenen fünf Jahren nahezu verdoppelt.  
Hauptverantwortlich sind dafür höhere Oberflächentemperaturen, die besonders den Gletschern der südlichen Hälfte Grönlands zusetzen. Diese bewegen sich daraufhin schneller fort und versenken damit auch mehr Eis im Atlantik - "ins Meer kalbende Gletscher", nennen Klimafoscher dieses Phänomen.

Die Gletscher der Polarinsel könnten daher in Zukunft viel mehr zum Anstieg des Meeresspiegels beitragen als bisher vermutet, folgern Eric Rignot des California Institute of Technology in Pasadena und sein Kollege. Bis dato würden Schätzungen dem höheren Fließtempo der Gletscher nicht genug Rechnung tragen.
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Der Artikel "Changes in the Velocity Structure of the Greenland Ice Sheet" ist in der Fachzeitschrift "Science" erschienen (Bd. 311, S. 986, 17. Februar 2006, DOI: 10.1126/science.1121381).
->   Artikel
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Im Süden sowie Norden Grönlands
 
Bild: J.A. Dowdeswell/Science

Eisberge im Osten Grönlands: Eine große Anzahl wird jedes Jahr durch den schnell fließenden Gletscher Kangerdlussuaq gebildet. Die Eisberg-Bildung ist eine Hauptform des Massenverlusts von Eislagen.

Nicht nur auf der südlichen Inselhälfte, sondern auch bei den Gletschern der nördlichen Hälfte sei eine Beschleunigung des Fließ- und Schmelzprozesse zu beobachten, berichten die Forscher.

Nach ihren Berechnungen hat sich dort die Menge des Schmelzwassers zwischen 1996 und 2005 verdreifacht.
Gletscher sind empfindlich
 
Bild: E. Rignot/Science

Der Petermann-Gletscher in Nord-Grönland

"Das Verhalten von Gletschern, die Eis in das Meer kalben, ist der wichtigste Aspekt, um zu verstehen, wie sich Eislagen bei verändertem Klima entwickeln", so Rignot.

Gletscher könnten sehr schnell auf Temperaturwechsel reagieren.
Komplette Schmelze: Meeresspiegel um 7 Meter höher
Unter Berücksichtigung der höherern Fließgeschwindigkeiten der Gletscher machen die zwei Forscher eine neue Schätzung: Pro Jahr trägt geschmolzenes Eis aus Grönland 0,5 Millimeter zum weltweiten Anstieg des Meeresspiegels um insgesamt drei Millimeter bei.

Sollte das Grönland-Eis komplett schmelzen, würde dies den Meeresspiegel um sieben Meter anheben. Während der letzten 20 Jahre seien die Lufttemperaturen im Südosten der Polarinsel immerhin um drei Grad Celsius gestiegen.
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Massenverluste bei Gletschern
Die Eisschichten Grönlands gewinnen durch Schneefall an Masse, sie verlieren Masse allerdings, wenn Eis schmilzt, erodiert und evaporiert, wenn Eis abbricht (Entstehung von Eisbergen) und wenn dieses bei der Fortbewegung des Gletschers an der Unterfläche schmilzt.
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Auf dem Weg zum Meer
 
Bild: NASA Wallops, Sonntag/Science

Die "kalbende" Front des Helheim-Gletschers im Südosten Grönlands. Dieser Gletscher ist nun einer der am schnellsten fließende Gletscher weltweit.

Mit den höheren Temperaturen gelingt mehr Schmelzwasser an die Schnittstelle von Gletscher und Untergrund. Dort würde es wie eine Art Schmiermittel wirken, das den Gletscher schneller zum Meer gleiten lässt, schreiben die Forscher.

"Die Klimaerwärmung kann auf sehr unterschiedliche Art wirken, doch ganz allgemein gesprochen: Wenn man eine Eislage aufwärmt, wird der Gletscher schneller fließen", bringt Rignot den Mechanismus auf den Punkt.

Allerdings sei dieser Prozess in Wirklichkeit sehr viel komplexer und auch noch nicht bis ins Detail hinein verstanden.
Weiter beobachten
"Die südliche Hälfte Grönlands reagiert auf die Klimaerwärmung. Die nördliche wartet noch - aber ich glaube, nicht mehr lange", bilanziert Rignot.

In einem Begleitartikel fordert der Klimaforscher Julian A. Dowdeswell des Scott Polar Research Institute der University Cambridge, dass zukünftig verstärkt die Fließgeschwindigkeiten von Eislagen, insbesondere derjenigen jenseits der 70 Grad Nord (bislang noch mit geringerer Fließgeschwindigkeit), beobachtet werden müssen.

[science.ORF.at/APA/dpa, 17.2.06]
->   California Institute of Technology (CALTECH)
->   Scott Polar Research Institute
->   Grönland - Wikipedia
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->   Bei drei Grad plus würde Grönlandeis schmelzen (21.10.05)
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->   China warnt vor schmelzendem Himalaja-Gletscher (17.5.05)
 
 
 
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01.01.2010