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Mädchen hängen Burschen bei Bildung ab  
  Egal ob PISA, Schulerfolgsquote oder Zugang zu höherer Bildung: In den vergangenen Jahren haben die Mädchen die Burschen in vielen Bereichen immer weiter hinter sich gelassen.  
Ministerien und Bundesländer führen regelmäßig "Girls Days" durch, Technische Unis und Fachhochschulen mit technischer Ausrichtung werben regelmäßig um mehr weibliche Studienanfänger und Politik sowie Wirtschaft appellieren immer wieder an Mädchen und junge Frauen, nicht nur "typisch weibliche" Lehrberufe wie Friseurin zu wählen.

Umgekehrt gibt es kaum Initiativen für die Buben - obwohl gerade diese im Bildungssektor in vielen Bereichen im Vergleich zu den Mädchen immer stärker zurückfallen.
Buben häufiger Störenfriede
Zahlreiche Studien zeigen außerdem, dass es vor allem Burschen sind, die in der Schule unerwünschtes Verhalten an den Tag legen: Sie stören öfter den Unterricht, neigen eher zu Gewalt und landen daher auch öfter beim Schulpsychologen.
Geschlechterkultur spielt eine zentrale Rolle
Die Erziehungswissenschaftlerin und ÖVP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek sieht allerdings nicht generell einen Leistungsvorsprung von Mädchen.

Es habe mit Geschlechterkultur zu tun, wenn 13-jährige Mädchen eher nach innen gewendete Hobbys wie Lesen hätten: "Natürlich schneiden sie dann beim Lesen besser ab."

Burschen seien vom System nicht unbedingt benachteiligt: Es sei aber "bei ihnen nicht cool, ein Streber zu sein. Das ist bei ihnen negativ besetzt", so Brinek gegenüber der APA.

Der Schritt zur Wissensgesellschaft verlange von Burschen heute mehr kognitive Leistung als das bisherige "Jäger- und Sammler-Image".
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Zahlenbeispiele: Maturaklassen und Hochschule
Mädchen bauen ihren "Vorsprung" immer stärker aus, so etwa unter den Maturanten und Studienanfängern: In den Maturaklassen beträgt der Frauenanteil derzeit mehr als 56 Prozent, 1991 waren es erst knapp 54 Prozent. Noch deutlicher ist der Trend an den Hochschulen: Waren 1991 erst 48,8 Prozent aller Erstsemestrigen und 43,7 Prozent aller Absolventen Frauen, betrug der Frauenanteil bei den Studienanfängern 2004 bereits 53,5 Prozent, jener bei den Absolventen schon 50,9 Prozent.
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Grundschule: "Unterväterung, aber Übermütterung"
Im Sozialministerium hat man zum Thema "Buben- und Burschenarbeit" vor kurzem eine Studie erstellt, die unter anderem eine Quotenregelung zu Gunsten männlicher Lehrer sowie ein Abgehen von der Koedukation in manchen Fächern anregt. Diese Ideen hält auch Brinek für verfolgenswert.

In der Volksschule sei eine positive Diskriminierung zu Gunsten männlicher Lehrer notwendig - im Grundschulbereich gebe es eine "Unterväterung, aber Übermütterung", so Brinek.

Umgekehrt wäre dafür etwa in der AHS oder der Hauptschule eine Bevorzugung von weiblichen Physik- oder Chemie-Lehrerinnen angesagt. Brinek hält es zwar für positiv, dass man eine Zeit lang Augenmerk auf die Benachteiligung der Mädchen gelegt habe - es gelte aber, den Blick auf beide Seiten zu lenken und so einen "echten" Gender-Aspekt zu schaffen.
Teilabgehen von Koedukation
Für "absolut passe" hält sie die "unreflektierte Koedukation mit dem Gedanken: Wenn die bloß beieinander sitzen, werden sie sich eh alle angleichen. Das glaubt keiner mehr."

Umgekehrt hält sie - genau so wie SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende Barbara Prammer - eine zeitweise Aufhebung des gemeinsamen Unterrichts für Burschen und Mädchen vor allem in technischen Fächern für überlegenswert.
"Role Models" für Mädchen und Buben
"Partielle Homogenisierung ist schon was Wichtiges, weil man da in einer entspannten Situation sagen kann 'das schaffe ich nicht'. Es ist für Burschen wesentlich schwerer, sich das einzugestehen."

Unterrichten dürfe "dann aber nicht die kesse Lehrerin im Minirock, sondern der männlich Kumpeltyp als Role Model".

Bei den Mädchen wiederum müsse es eine starke, vertrauenswürdige Lehrerin sein.

[science.ORF.at/APA, 5.5.06]
->   Gertrude Brinek
Mehr zum Thema in science.ORF.at:
->   Studie regt Quotenregelung für männliche Lehrer an (24.1.06)
 
 
 
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01.01.2010