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Lesben reagieren auf Lockstoffe "anders anders"  
  Männer und Frauen reagieren auf chemische Lockstoffe für Sexualpartner genau umgekehrt. Wie frühere Studien zeigten, verarbeitet das Gehirn homosexueller Männer die Eindrücke der so genannten Pheromone dabei ähnlich wie jenes von heterosexuellen Frauen. Erstmals haben nun schwedische Forscher die Gehirnaktivitäten von Lesben untersucht. Ihr Schluss: Lesbische Frauen reagieren "anders anders".  
Davon berichtet ein Team um die Neurowissenschaftlerin Ivanka Savic vom Karolinka Institut in Stockholm.
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Die Studie "Brain response to putative pheromones in lesbian women" erscheint zwischen dem 9. und 12. Mai 2006 in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" (doi: 10.1073/pnas.0600331103).
->   Zur Studie (sobald online)
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Partnerwahl zwischen Wiederholung und Fortpflanzung
Auf welch verschlungenen Pfaden Menschen zu ihren Partnern kommen, ist nicht nur eine Frage, die uns im Alltag bewegt. Auch die Wissenschaften beschäftigen sich seit jeher mit dem Rätsel. Naturgemäß fallen die Antworten je nach Disziplin unterschiedlich aus.

Nur ein Beispiel im Freud-Jahr 2006: Die Psychoanalyse konstatiert eine "Objektwahl", die ihre Wurzeln in frühkindlichen Erlebnissen hat. Partner werden ihr zufolge im späteren Leben in Anlehnung (oder Abgrenzung) von der Mutter (oder dem Vater) gewählt.

Einen anderen Beschreibungsweg geht die Biologie, die gemäß der Darwinschen Lehre einen optimalen Fortpflanzungserfolg als Erklärung für die Partnerwahl heranzieht.
Zwei Hormone als Lockstoffe für Sexualpartner
Die Neurowissenschaftlerin Ivanka Savic vom Karolinka Institut in Schweden und ihre Kollegen beschäftigen sich seit Jahren mit der Rolle, die Pheromone für die Sexualität und Partnerwahl der Menschen spielen.

2002 publizierten sie eine Studie, in der sie zwei Hormone als mögliche Pheromone - chemische Lockstoffe für Sexualpartner - identifizierten. Dabei handelte es sich um den Testosteron-Abkömmling "AND" und um das östrogen-ähnliche Steroid "EST".

AND kommt hochkonzentriert im Schweiß von Männern vor, EST im Urin von Frauen.
Männer und Frauen - umgekehrt Hirnreaktionen
Wie die Gehirne von Frauen und Männern auf diese beiden Hormone unterschiedlich reagieren, war der Gegenstand mehrerer Folgestudien.

Riechen (heterosexuelle) Frauen an einer Probe AND, dann führt das zu einer Aktivierung des vorderen Hypothalamus - eine Gehirnregion, die u.a. die sexuelle Aktivität steuert. Bei EST hingegen werden die Nervenzellen im Hypothalamus laut den eingesetzten Bild gebenden Verfahren nicht aktiviert.

Bei Männern ist es genau umgekehrt: Ihre Neuronen feuern im entsprechenden Gehirnteil beim Erschnüffeln von EST und nicht bei AND.
Sexuelle Orientierung wichtiger als Geschlecht
Soweit, so bio-logisch. Dass diese Unterschiede aber vermutlich mehr Ausdruck der sexuellen Orientierung sind als des biologischen Geschlechts, zeigten Studien an homosexuellen Männern.

Diese reagieren laut Gehirn-Scans genauso wie heterosexuelle Frauen, auch bei ihnen aktiviert sich der vordere Hypothalamus bei AND.

Nächster logischer Schritt war nun die Erforschung lesbischer Frauen - das Stiefkind der experimentellen Neurowissenschaft, wie das Team um Savic selbstkritisch anmerkt.
Schwule und Lesben "anders strukturiert"
Zu diesem Zweck setzten sie zwölf homosexuelle Frauen den beiden schon bekannten Substanzen (und einer Reihe von Vergleichsgerüchen) aus und untersuchten ihre Gehirnreaktionen mittels Positronen-Emissions-Tomographie (PET).

Überraschenderweise verarbeiteten sie - im Gegensatz zu den anderen Gruppen - die Reize sowohl von AND als auch von EST in ähnlicher Weise. Die Reaktionsmuster ähnelten allerdings jenen von heterosexuellen Männern, waren aber nicht exakt mit ihnen ident.

Warum das so ist, können die Forscher noch nicht sagen. Sie vermuten aber, dass männliche und weibliche Homosexualität sehr unterschiedlich strukturiert ist.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at, 9.5.06
->   Ivanka Savic, Karolinka Institut
->   Mehr zu Pheromonen bei Wikipedia
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01.01.2010