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Studie: Wissen schützt vor übereifrigen Experten  
  Wissen schützt vor übereifrigen Auto-Mechanikern, anderen Handwerkern und auch Ärzten. Zu diesem Ergebnis kommt eine österreichische Studie, die das Geschäft mit den Experten durchleuchtete.  
Die Wirtschaftsprofessoren Uwe Dullek von der Universität Linz und Rudolf Kerschbamer der Universität Innsbruck untersuchten die theoretischen Mechanismen, welche hinter so genannten "Credence Goods" stecken, also Geschäfte, bei denen ein Fachmann etwa einen Schaden beurteilt und ihn auch gleich repariert.
Fall Auto-Reparatur: Kunde kann Diagnose kaum prüfen
Ein klassisches Beispiel ist eine Auto-Werkstatt. Hat das Fahrzeug einen Defekt, stellt der Mechaniker die Größe des Schadens fest, um ihn - in der Regel - anschließend zu beheben.

Der Kunde hat meist keine Möglichkeit, die Diagnose zu überprüfen und allzu oft Bedenken, dass der Experte die Sache zu seinem Vorteil nutzt, sagte Dullek gegenüber der APA.

So könnte er anstatt der abgefahrenen Bremsbeläge gleich die ganze Bremsanlage tauschen, obwohl dies gar nicht nötig ist.
Fall Arztbesuch: Mit Bildung seltener unter dem Messer
Dass ein ähnlicher Effekt sogar im Gesundheitsbereich vorkommt, belegen Studien.

So zeigte sich, dass Ärzte desto weniger gerne zum Skalpell greifen, je gebildeter der Patient ist. Am wenigsten oft kommen Ärzte selbst unters Messer.
Drei Phänomene: "Undertreatment", ...
Dullek und Kerschbaumer durchleuchteten nun die Theorie hinter derartigen Fehlbehandlungen bzw. -reparaturen und teilen sie in drei Kategorien ein.

Das noch am leichtesten zu durchschauende Phänomen ist "Undertreatment", also wenn eine Reparatur oder Behandlung nicht ausreicht, um ein Problem zu beheben.
"Overtreatment" und "Overcharging"
Schwieriger wird es bei "Overtreatment", wenn der Experte mehr tut als nötig und das natürlich teuer verrechnet und "Overcharging", wenn er eine einfache Aktion setzt und eine komplizierte verrechnet.

Die Gefahr von "Overcharging" lässt sich jedenfalls in der Werkstatt relativ leicht minimieren, indem der Kunde darauf besteht, dass kaputte, ersetzte Teile nicht weggeschmissen, sondern für eine mögliche nachträgliche Untersuchung im Kofferraum deponiert werden.
Fixpreise könnten Ausweg liefern
Bleibt noch das Phänomen "Overtreatment". Theoretisch würde sich die Sache relativieren, wenn sich Kunden und Experten gleichermaßen des Problems bewusst wären. Dann entwickelten sich nämlich langsam aber sicher Fixpreise für bestimmte Defekte.

Der Kunde rechnet nämlich in Erwartung von "Overtreatment" mit hohen Kosten und wendet sich an solche Werkstätten, welche aufwändige Reparaturen vergleichsweise billig anbieten.

Einfache Eingriffe können dafür teuer angeboten werden, den Kunden kümmert es wenig, da er komplizierte erwartet. Spinnt man die Sache weiter, so werden einfache Reparaturen immer teurer, komplizierte dagegen billiger. Am Ende gibt es dann einen Fixpreis beispielsweise für "Bremsen instandsetzen", egal was gemacht wird.

"Voraussetzung, dass die Sache funktioniert, ist allerdings eine Gewährleistung, damit 'Undertreatment' ausgeschlossen wir", so Dullek. Bei einigen Anbietern sieht der Experte die Idee von Fixpreisen schon verwirklicht.
Tipp: Wenden Sie sich an ausgelastete Experten
Doch auch der Einzelne kann sich bis zu einem gewissen Grad vor "Overtreatment" schützen. "Wendet man sich an eine Werkstatt mit vielen Kunden und einer Warteliste, so sinkt die Gefahr", ist der Wissenschaftler überzeugt. Mehr zu tun als nötig, ist nur dann sinnvoll, wenn Arbeitsmangel herrscht.

[science.ORF.at/APA, 10.5.06]
->   Website von Uwe Dullek
->   Website von Rudolf Kerschbamer
 
 
 
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01.01.2010