News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 
ISD-Holocaust-Archiv wird für Forschung geöffnet  
  Das einzigartige Archiv mit NS-Dokumenten beim Internationalen Suchdienst (ISD) in Bad Arolsen bei Kassel im deutschen Bundesland Hessen wird für die Forschung geöffnet.  
Das beschlossen Diplomaten der elf Aufsichtsländer des ISD in Luxemburg. 60 Jahre nach Gründung des ISD sollen nun erstmals Historiker Zugang zu Millionen Informationen über NS-Opfer erhalten.

Zuvor muss die Vereinbarung allerdings noch von den elf beteiligten Ländern unterzeichnet und ratifiziert werden, teilte das Außenministerium in Luxemburg mit, das derzeit dem "Internationalen Ausschuss" des ISD vorsteht. Dies wird voraussichtlich noch mehrere Monate dauern.
30 Millionen Dokumente
Das Bad Arolser Archiv wird vom Internationalen Roten Kreuz geführt, steht aber unter der Aufsicht von elf Ländern, darunter Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Israel und die USA. Es enthält über 30 Millionen Dokumente mit 50 Millionen Einzelhinweisen zu 17,5 Millionen Menschen; Blatt an Blatt gereiht sind das über 25 Kilometer Papier.

Hauptaufgabe war es in den vergangenen Jahren, NS-Opfern ihre KZ-Haft, Zwangsarbeit oder andere Verfolgungen zu bescheinigen. Damit konnten die Betroffenen Renten und andere Leistungen beantragen, zuletzt auch aus dem Zwangsarbeiterentschädigungsfonds.
Digitalisierung der Daten
Historiker aus aller Welt, insbesondere aus den USA, haben seit Jahren eine Öffnung des Bad Arolser Archivs gefordert. Der ISD und das Rote Kreuz räumten bislang aber der humanitären Arbeit den Vorrang ein.

Eine Digitalisierung der Daten soll nun die Auskünfte an NS-Opfer und die wissenschaftliche Forschung gleichzeitig ermöglichen. Nach der Luxemburger Vereinbarung werden die Bonner Verträge von 1955, die die Aufsicht über den ISD regeln, entsprechend geändert.

Danach sollen künftig Historiker und Forscher unmittelbaren Zugang zu dem Archiv in Bad Arolsen erhalten; zusätzlich soll jedes der elf Länder eine Kopie der elektronischen Daten bekommen, sagte der Sprecher des Luxemburger Außenministeriums, Eldar Subasic, der Nachrichtenagentur AFP. Nach ISD-Angaben sind bislang rund 55 Prozent des Bestandes elektronisch erfasst.
Debatte um Datenschutz
Der Internationale Ausschuss des ISD hatte die Öffnung des Archivs im Kern bereits 1998 beschlossen, bislang gab es aber Streit über den Datenschutz. Denn die Unterlagen enthalten auch Informationen über politische Haftgründe, Erbkrankheiten, pseudomedizinische Versuche, uneheliche Kinder oder Homosexualität.

Deutschland und andere Länder sowie auch der ISD selbst hatten deshalb darauf bestanden, dass die Archive nur geöffnet werden dürfen, wenn der Datenschutz gewährleistet ist. In der gemeinsamen Erklärung der elf Länder heißt es dazu, der Zugang zu den Archiven geschehe "in voller Beachtung eines angemessenen Schutzes der persönlichen Daten". Dabei werde jedes der elf Länder den Datenschutz in eigener Verantwortung gewährleisten, sagte Subasic.

[science.ORF.at/APA/AFP, 17.5.06]
->   Internationaler Suchdienst Bad Arolsen
->   Internationaler Suchdienst - Wikipedia
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010