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Schmerzverarbeitung im Rückenmark geklärt  
  Was im Zentralnervensystem bei Schmerzen passiert, die durch Entzündungen hervorgerufen werden, hat ein internationales Forscherteam unter österreichischer Beteiligung zu einem wesentlichen Teil geklärt.  
Demnach hängt die Schmerzverarbeitung von der Konzentration bestimmter Proteinbestandteile im Inneren der Nervenzellen des Rückenmarks ab, schreiben die Forscher in ihrer Studie.
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Die Studie "Synaptic scaffolding protein Homer1a protects against chronic inflammatory pain " ist online in "Nature Medicine" erschienen (21.5.06; doi: 10.1038/nm1406).
->   Abstract der Studie
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Bisher vieles unbekannt
"Über die Entstehung von Schmerzreizen in der Peripherie, also wenn man sich zum Beispiel an einem Finger verletzt, wissen wir schon seit längerem Bescheid. Doch wie es zur Weiterverarbeitung dieses über die Nervenbahnen im Rückenmark eintreffenden Reizes kommt und wie diese Reize zu einem chronischen Schmerz werden können, ist Gegenstand aktueller Forschung. Dabei ist noch Vieles unbekannt", erklärte Justus Benrath von der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin (B) an der Wiener Universitätsklinik (AKH). Benrath hat als Co-Autor zu der Arbeit beigetragen.
Glutamat: Botenstoff des Schmerzes
Die Wissenschaftler untersuchten, wie verschiedene Homer1-Protein-Bestandteile die Signalverarbeitung in den Nervenzellen beeinflussen.

Benrath: "Die Schmerzreize aus der Peripherie kommen an den Glutamat-Rezeptoren der Nervenzellen an. In der Zelle werden sie dann weiter verarbeitet."

Glutamat ist ein wichtiger Nervenbotenstoff. Die Rezeptoren dafür sitzen an der Oberfläche von Nervenzellen. An der Innenseite der Zellmembran können die ankommenden Signale Enzyme aktivieren, die zur Chronifizierung von akuten Schmerzen beitragen.
Koppelung mit Schlüssel-Protein
Dies erfolgt offenbar über die Koppelung der Glutamat-Rezeptoren mit einem Bruchstück des so genannten Homer-Proteins. Benrath: "Ist das Homer-Protein 1b/c mit dem Glutamat-Rezeptor gekoppelt, wird der Schmerzreiz eher verarbeitet."

Doch es gibt aus der gleichen Protein-Familie auch einen Gegenspieler. Der Arzt: "Wenn an Nervenzellen im Rückenmark vermehrt Schmerzreize ankommen, wird im Inneren der Zellen offenbar die Aktivität von Homer1a hoch reguliert. Dieser Proteinbestandteil koppelt den Glutamatrezeptor ab. Er dämpft daher die Schmerzsignale bzw. deren Weiterverarbeitung und stellt somit daher eine körpereigene Schmerzbremse dar."
Ziel für therapeutische Behandlung
Das Autorenteam in "Nature Medicine": "Auf dieser Weise ist die Funktion von Homer1 entscheidend an der Schmerzverarbeitung involviert und stellt auch ein viel versprechendes Ziel für die Behandlung von chronisch-entzündlichen Schmerzzuständen dar."

Medikamente, die auf dieses Ziel einwirken, wären ein völlig neues Behandlungsprinzip bei solchen Beschwerden.

[science.ORF.at/APA, 22.5.06]
->   AKH Wien, Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin
->   science.ORF.at-Archiv zum Thema Schmerz
 
 
 
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01.01.2010