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Neuer Hitzerekord in der Tiefsee  
  Mit 407 Grad Celsius haben Forscher die höchste bisher registrierte Wassertemperatur auf dem Meeresboden gemessen. Der Rekordwert wurde an einer heißen Quelle im Atlantik in 3.000 Meter Tiefe registriert.  
Die neue heiße Quelle wurde bei einer noch laufenden Expedition am Mittelatlantischen Rücken entdeckt. Der bisherige Höchstwert an einem "Schwarzen Raucher" ("Black Smoker") lag bei 402 Grad, teilte eine Sprecherin der International University Bremen (IUB) mit.
Hydrothermale Tiefseequelle
 
Bild: MARUM, Universität Bremen

Die Wissenschaftler registrierten die Rekordtemperatur in 3.000 Metern Wassertiefe mit Hilfe eines Tiefseeroboters an einem Schwarzen Raucher, d.h. einer hydrothermalen Tiefseequelle (Bild oben - (c) MARUM, Universität Bremen).

Gefunden wurde die superheiße Quelle im Untersuchungsgebiet der Meteor-Expedition am Mittelatlantischen Rücken bei 5 Grad Süd an der submarinen Grenze zwischen der afrikanischen und südamerikanischen Kontinentalplatte.

Die Platten bewegen sich dort pro Jahr ca. 4 Zentimeter auseinander, was zu häufigen Vulkaneruptionen führt. Diese Vulkane werden durch zirkulierendes Meerwasser gekühlt, das normalerweise mit Temperaturen bis ca. 350 Grad am Meeresboden austritt.
Bisheriger Rekordwert: 402 Grad
Maximale Wassertemperaturen bis zu 402 Grad in hydrothermalen Tiefseequellen waren bislang nur aus dem Pazifik bekannt. "Die Erhöhung des Temperaturweltrekords um nur 5 Grad mag auf den ersten Blick unerheblich scheinen, sie hat jedoch erhebliche Konsequenzen", sagt die Fahrtleiterin Andrea Koschinsky:

"407 Grad ist nämlich eine 'magische' Temperatur für Meerwasser. In 3.000 Metern Wassertiefe stellt sie einen so genannten kritischen Punkt dar, wo Wasser nicht mehr als Flüssigkeit, sondern als eine Art überkritischer Dampf vorliegt."

Dieser Dampf im Zwischenzustand zwischen flüssig und gasförmig löse Bestandteile aus den umliegenden Gesteinen, u.a. Metalle, auf eine ganz andere Weise als flüssiges Wasser heraus. Das Ergebnis seien superheiße Lösungen mit außergewöhnlichen Zusammensetzungen.
Heiße Oase des Lebens
Nach Meinung des Kieler Geologen Colin Devey weist die ungewöhnlich hohe Temperatur darauf hin, dass die vulkanische Aktivität in dem untersuchten Gebiet noch relativ jung ist, was auch durch Beobachtungen von frischen Lavaflüssen am Meeresboden bestätigt wurde.

Trotz dieser Temperaturen ist die Umgebung der Austrittsstelle eine Oase des Lebens, denn die austretenden Lösungen liefern für die hydrothermale Lebensgemeinschaft die notwendigen Nährstoffe wie die Gase Methan, Wasserstoff und Schwefelwasserstoff, die ein exotisches Leben fernab der Sonne in den Tiefen des dunklen Ozeans ermöglichen.

Wegen dieser Bedingungen gelten Tiefsequellen auch als - im wahrsten Sinne - heiße Kandidaten für jene chemischen Ökosysteme, in denen vor rund vier Mrd. Jahren die ersten einfachen Lebewesen entstanden sind.

[science.ORF.at/dpa/idw, 22.5.06]
->   Black Smoker - Wikipedia
->   Websites about Hydrothermal Vents (Uni Würzburg)
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Urzeitlicher Treibhauseffekt vor Aufklärung (3.6.04)
->   Riesige Unterwasser-Kamine entdeckt (13.7.01)
 
 
 
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01.01.2010