News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Nicht alle Mäuse folgen den Mendelschen Gesetzen  
  Französische Forscher haben bei Mäusen einen Vererbungsmodus entdeckt, den es nach den Mendelschen Gesetzen gar nicht geben dürfte. Verantwortlich dafür sind offenbar RNA-Moleküle, die man auch gerne als "kleine Schwester der DNA" bezeichnet.  
Wie ein Team um Minoo Rassoulzadegan vom Forschungsinstitut INSERM berichtet, wird der Effekt durch so genannte Paramutationen ausgelöst. Es sei denkbar, dass auch manche Erbkrankheiten über diesen Modus vererbt werden.
...
Die Studie "RNA-mediated non-mendelian inheritance of an epigenetic change in the mouse" von Minoo Rassoulzadegan et al. erschien in "Nature" (Bd. 441, S. 469-474, doi:10.1038/nature04674).
->   Abstract
...
Phänomen am Mais entdeckt
Im Jahr 1956 entdeckte der US-Forscher R. Alexander Brink einen eigenartigen Vererbungsweg bei der Maispflanze, der sich allem Anschein nicht an die Mendelschen Gesetze hielt.

Brink fiel aufgrund der Pigmentierung von Maiskörnern auf, dass ein gewisses Gen selbst dann die Eigenschaften nachfolgender Generationen bestimmte, obwohl es gar nicht vererbt worden war.

Diesen Prozess nannte er "Paramutation". Heute weiß man, dass die Paramutation ein so genannter epigenetischer Effekt ist, der durch die Wechselwirkung von zwei Genvarianten zustande kommt, die auf verschiedenen Chromosomen liegen.
->   Paramutation - Wikipedia
Nachweis bei Mäusen
Das Team um Minoo Rassoulzadegan wies nun solche Paramutationen auch bei Mäusen nach. Das gelang anhand einer Mutante des Gens "Kit", die bei Mäusen weiße Flecken auf dem ansonsten fleischfarbenen Schwanz auslöst.

Die Nachkommen dieser Mäuse hatten wiederum weiße Flecken - auch dann, wenn sie die betreffende Mutante gar nicht in ihrem Erbgut trugen. Die Situation ähnelte also jenem Effekt, den Brink 50 Jahre zuvor beim Mais entdeckt hatte.
Verantwortlich: RNA-Moleküle
Die französischen Forscher vermuteten, dass für diese nicht-mendelsche Vererbung RNA-Moleküle verantwortlich sind, die offenbar via Spermium in die nächste Generation gelangen können.

Versuche, bei denen solche RNAs in befruchtete Eizellen injiziert wurden, bestätigten das: Die behandelten Mäusen kamen mit weißgeflecktem Schwanz zur Welt und gaben diese Eigenschaft erneut an ihre Nachkommen weiter.

Dieses Ergebnis ist möglicherweise auch medizinisch relevant: Nach Ansicht von Rassoulzadegan könnte es durchaus Erbkrankheiten geben, die durch diesen Modus vererbt werden. RNAs wurden jedenfalls bereits in menschlichen Spermien nachgewiesen.

[science.ORF.at, 26.5.06]
->   RNA - Wikipedia
->   Epigenetik - Wikipedia
->   Epigenetik im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010