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Neuer Ansatz für Behandlung von Tuberkulose  
  Immer mehr Tuberkulosebakterien werden gegen vorhandene Medikamente resistent. Ein internationales Forscherteam hat nun einen neuen Ansatzpunkt für die Behandlung der Krankheit gefunden.  
Es hat die Struktur eines Proteins entschlüsselt, das Tuberkulosebakterien das Überleben in menschlichen Zellen sichert. Das Strukturbild dieses Proteins könnte als Basis für die Entwicklung neuer Antibiotika dienen.
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Die Studie "The Mycobacterium tuberculosis LipB enzyme functions as a cysteine/lysine dyad acyltransferase" von Qingjun Ma et. al. ist als Online-Vorabveröffentlichung in den "Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)" am 29. Mai 2006 erschienen (doi: 10.1073/pnas.0510436103).
->   "PNAS"
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Tuberkulosebakterien von Proteinaktivitäten abhängig
Tuberkulose gehört nach wie vor zu den gefährlichsten Krankheiten der Welt. Zwei Millionen Menschen sterben jährlich an der Infektionskrankheit; etwa ein Drittel der Weltbevölkerung ist mit dem Erreger infiziert.

Tuberkulosebakterien sind deshalb so tückisch, weil sie sich in den Immunzellen des menschlichen Körpers einnisten und effiziente Strategien entwickelt haben, wie sie dort überleben können. Unterstützt werden sie dabei von Proteinen: Diese aktivieren Zellmechanismen, die den Bakterien als Stoffwechselmotoren dienen.
->   Tuberkulose - Wikipedia
Erhöhte Aktivität des Proteins LipB in infizierten Zellen
Forscher vom Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Hamburg, vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie (MPIIB) in Berlin und von der University of Illinois haben nun herausgefunden, dass akut von Tuberkulose infizierte Zellen eine 70-fach erhöhte Produktion des Proteins LipB aufweisen.

Sie werten das als deutlichen Hinweis darauf, dass dieses für die Tuberkulosebakterien lebenswichtige Protein wesentlich am Krankheitsverlauf beteiligt ist. Vor allem bei Patienten, die mit Stämmen des Bakteriums infiziert waren, die bereits gegen zahlreiche Medikamente resistent waren, ließ sich eine erhöhte Aktivität von LipB feststellen
Strukturbild von LipB bietet Angriffspunkte
Qingjun Ma, EMBL Hamburg
Vereinfachte atomare Struktur des Proteins LipB, hier mit gebundenem Lipid-Inhibitor
Um den Wirkungsmechanismen von LipB auf die Spur zu kommen, haben die Forscher vom EMBL das Protein gereinigt, kristallisiert und eine atomare Karte seiner Struktur hergestellt. Analysen dieses Strukturbilds zeigten, wie LipB arbeitet und etwa Fettsäuren an andere Proteine bindet.

Genau hier sollen neue Medikament einhaken, erklärt Matthias Willmanns, der Leiter des EMBL Hamburg. Denn im Unterschied zu anderen Lebewesen verfüge das Bakterium M. tuberculosis über keine Ausweichmechanismen, die die Rolle des Proteins LipB übernehmen können.

Würde man mittels eines Inhibitors - einer Substanz, die chemische Reaktionen hemmt - den Signalweg zum Bakterium blockieren, könnte man zentrale Prozesse lahm legen, ohne die das Bakterium nicht überleben kann.
Forscher optimistisch
Die Wissenschaftler suchen nun nach Verbindungen, die diese Blockadefunktion übernehmen können. Parallel dazu versuchen sie auch, weitere Zielproteine für neue Medikamente zu finden.

Im Hinblick auf die Erfolgssaussichten sind die Forscher optimistisch: Auch im Kampf gegen andere Krankheiten hat sich eine auf Strukturbildern aufbauende Arzneimittelforschung in den letzten Jahren bestens bewährt.

[science.ORF.at , 30.05.06]
->   Europäisches Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL), Hamburg
->   Max-Planck-Insititut für Infektionsbiologie (MPIIB), Berlin
->   Department of Microbiology, University of Illinois, Urbana-Champaign
->   Department of Biochemistry, University of Illinois, Urbana-Champaign
->   Mehr zum Thema Tuberkulose im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010