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Feigen: Früheste Zeugnisse der Landwirtschaft  
  Millionen Jahre lang mühten sich die Menschen und ihre Vorfahren als Jäger und Sammler ab, ehe sie die Landwirtschaft entdeckten. Das möglicherweise älteste Zeugnis dafür haben nun israelische Forscher gefunden: 11.400 Jahre alte Feigen, die eindeutig von bewusst gepflanzten Bäumen stammen.  
Das Team um Mordechai Kislev von der Bar-Ilan Universität entdeckte neun Feigen und hunderte weitere Fruchtteile in den Überresten eines Hauses.

Es steht im archäologischen Grabungsort Gilgal I im Jordantal - zwölf Kilometer nördlich vom biblischen Jericho.
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Der Artikel "Early Domesticated Fig in the Jordan Valley" ist in "Science" (Bd. 312, S. 1372, 2.6.06) erschienen.
->   Abstract in Science
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Eindeutig von Menschen angebaut
Die karbonisierten Feigen waren vollständig erhalten und wurden nach Ansicht der Forscher für den Verzehr getrocknet. Die Forscher verglichen die Früchte mit zeitgenössischen Exemplaren und kamen zu dem Schluss, dass sie eindeutig durch menschlichen Einfluss entstanden sind.

Der Grund: Bei der so genannten parthenokarpischen Feigensorte entwickelt sich die Frucht ohne Bestäubung und fällt auch nicht vom Baum - wodurch sie weicher, süßer und genießbar wird.

Weil diese Früchte aber keine Samen produzieren, können sie sich nur mit Hilfe des Menschen reproduzieren.
"Anfänge der Landwirtschaft"
 
Bild: Jonathan Reif

Feigen im Vergleich: Links die mit Gold bedeckte antike Variante, in der Mitte eine sehr ähnliche aus der Gegenwart, und rechts ein größeres Exemplar, wie es heute etwa in der Türkei verbreitet ist.

"Sobald die parthenokarpische Mutation aufgetreten ist, müssen die Menschen erkannt haben, dass die Früchte zwar schmecken, sich die Bäume aber nicht vermehren können", meint Ofer Bar-Yosef, einer der Mitautoren.

"Die Kultivierung der Feigenbäume wurde zur allgemeinen Praxis und das sind die Anfänge der Landwirtschaft."
5.000 Jahre früher als Weintrauben und Oliven
Der Anbau von Feigen war damals im Vergleich zum Anbau von Gemüse und Getreide einfach gewesen, heißt es in dem Artikel. Die Menschen hätten einfach Zweige abschneiden und anpflanzen müssen.

Durch kleinere genetische Veränderungen wilder Feigen sei die Frucht auch erheblich schmackhafter geworden. Dies erkläre, warum der Anbau von Feigen in der nahöstlichen Region fast 5.000 Jahre früher begann als der Anbau von Weintrauben, Oliven und Datteln.
Feigen wurden beinahe vergessen
Bild: Science
Die Feige unter dem Mikrosokop
Viele Forscher gehen davon aus, dass die Menschen vor mindestens 10.500 Jahren etwa zeitgleich im Mittleren Osten, China und Amerika mit der Landwirtschaft begannen. Die analysierten Feigen datieren dies nun um gut 1.000 Jahre vor.

Laut Peter Bellwood von der Australischen Nationaluniversität in Canberra handelt es sich bei den Feigenfunden um die "ältesten Beweise für den bewussten Anbau einer fruchttragenden Pflanze".

Kurioserweise waren sie einige Jahrzehnte in Vergessenheit geraten: Bereits in den 70er und 80er Jahren von Archäologen entdeckt, wurden sie bis zuletzt in einem Museum gelagert.

[science.ORF.at/dpa, 2.6.06]
->   Bar-Ilan Universität
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01.01.2010