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USA: Mehr Straßenunfälle durch Terroranschläge  
  Die Terroranschläge vom 11. September haben in den USA zu einem Ansteigen der Flugangst geführt. Stattdessen fuhren die Menschen häufiger mit dem Auto, wodurch wiederum die Zahl der Verkehrsunfälle zunahm.  
Rein statistisch betrachtet führte die vermehrte Flugangst zu zusätzlichen 1.500 Todesfällen auf den Straßen der USA. Das geht aus einer Studie des Berliner Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung hervor, die die psychologischen Langzeitwirkungen des Anschlages beschreibt.
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Die Studie "Out of the Frying Pan into the Fire: Behavioral Reactions to Terrorist Attacks" von Gerd Gigerenzer erschien in "Risk Analysis" (Bd. 26, S. 347; doi: 10.1111/j.1539-6924.2006.00753.x).
->   Abstract
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Vermeidungs-Paradox
Menschen versuchen derartige "Furcht-Risiken" zu vermeiden, erklärt Instituts-Leiter Gerd Gigerenzer. Dabei stehe das befürchtete Risiko jedoch in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Gefahr, die im Straßenverkehr beispielsweise deutlich höher sei.

Die Untersuchung der Verkehrsströme 2001 bis 2003 in den USA ergab, dass die US-Amerikaner zum einen ihre Flugreisen nach dem Anschlag deutlich reduzierten und zum anderen zumindest für ein Jahr lang der Verkehr auf den Straßen stark zunahm. Während dieser Phase war auch die Zahl der schweren Highway-Unfälle Monat für Monat deutlich höher als in den entsprechenden Vorjahreszeiträumen.
Plus an Verkehrstoten
"Die hochgerechnete Gesamtzahl von 1.595 Verkehrstoten allein dadurch, dass die Menschen vom Flugzeug auf das Auto umstiegen, ist sechs Mal höher als die sämtlicher Opfer der vier Todesflüge", resümiert Gigerenzer. In den vier Boeing-Verkehrsmaschinen starben am 11. September 2001 insgesamt 265 Menschen.
Zweifache Wirkung von Terroranschlägen
Der Statistiker plädiert deshalb für mehr Aufklärung in der Terrorismusbekämpfung, da derartige Anschläge sonst doppelt wirkten: Zunächst unmittelbar und dann in den Köpfen der Menschen. "Terror-Attacken sind selbst mit kostspieligen diplomatischen und militärischen Strategien schwer zu vermeiden. Es wäre im Verhältnis dazu wesentlich leichter und billiger, die mittelbare Todesrate zu reduzieren."
Statistischer Vergleich: Auto - Flugzeug
Fakteninformation wie diejenige, dass das Todesrisiko bei einem Nonstop-Flug nicht höher sei als bei einer Autofahrt von 20 Kilometern, werde zwar nicht jedermanns Verhalten verändern. "Aber wer die Fakten kennt, kann seine spontanen emotionalen Reaktionen besser verstehen und kontrollieren."

Eine solche erweiterte Antiterrorismus-Politik könne Leben retten, betonte Gigerenzer. Nach statistischen Erhebungen kommen auf eine Milliarde Flugkilometer durchschnittlich 0,35 Unfalltote, auf den Straßen sind es bei der gleichen Strecke sieben.

[science.ORF.at/dpa, 14.6.06]
->   Verkehrsunfall - Wikipedia
->   MPI für Bildungsforschung
 
 
 
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01.01.2010