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Neuer Planet: Größer und leichter als alle anderen  
  Ein neu entdeckter Planet lässt mit seinen Maßen alle anderen alt aussehen. Der extrasolare Planet hat den 1,38fachen Radius des Planeten Jupiter - bei halber Masse. Für seine Entdecker könnte der Gasriese für eine neue Klasse von Planeten stehen.  
Der Exoplanet "HAT-P-1b" zieht seine Bahnen um einen von zwei Sternen eines Doppelsternsystems. Die Astronomen entdeckten ihn in einer Entfernung von 450 Lichtjahren im Sternbild Eidechse.

Gaspar Bakos vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) und seine Kollegen spürten den Planeten mit Hilfe eines Netzwerks von sechs HAT-Teleskopen (Hungarian Automated Telescope) auf.
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Der Artikel "HAT-P-1b: A Large-Radius, Low-Density Exoplanet Transiting one Member of a Stellar Binary" wird demnächst in der Fachzeitschrift "Astrophysics" erscheinen und ist über den E-Print-Server ArXiv.org erhältlich.
->   Abstract
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Erstaunliche Maße
"Wir könnten auf eine ganz neue Klasse von Planeten blicken", sagt Studienleiter Bakos. Die Zahlen sprechen zumindest dafür: Mit einem 1,38fachen Radius von Jupiter, dem größten und massereichsten Planeten unseres Sonnensystems, ist "HAT-P-1b" der größte bisher bekannte Planet.

Zudem ist der Exoplanet ein Leichtgewicht: Er besitzt die Hälfte der Masse von Jupiter, ein Viertel der Dichte von Wasser. Ein Vergleich Balkos: "Er ist leichter als ein riesengroßer Ball aus Kork."
In mütterlicher Nähe
 
Bild: David A. Aguilar/CfA

Künstliche Illustration: "HAT-P-1b" hat die Astronomen in Staunen versetzt, da er viel größer und leichter ist, als es die Theorie vermuten lassen würde.

"HAT-P-1b" umkreist seinen Zentralstern in 4,5 Tagen, wobei der Abstand zwischen beiden viel geringer ist als bei Erde und Sonne: Er beträgt lediglich ein Zwanzigstel der Erde-Sonne-Distanz.

Der Mutterstern gehört dem Doppelsternsystem "ADS 16402" an. Die Strecke, die die zwei sonnenähnlichen Sterne voneinander trennt, übersteigt jene zwischen Erde und Sonne um das 1.500fache.
Transitplanet lässt Zentralstern verblassen
Die Wissenschaftler um Bakos entdeckten den Exoplaneten mit Hilfe der Transitmethode, einer indirekten Nachweismethode. Dabei reduziert sich die Helligkeit des Zentralsterns periodisch, nämlich immer dann, wenn der Planet - aus dem Blickwinkel des Beobachters - vor dem Stern vorbeizieht.

Im Falle von "HAT-P-1b" verblasste der Zentralstern um etwa 1,5 Prozent. Es dauerte zwei Stunden, bis er wieder die ursprüngliche Helligkeit erreichte.
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Transitmethode & Co
Es gibt mehrere Methoden, Planeten nachzuweisen und ihre Maße abzuleiten. Mit Hilfe der Transitmethode kann ein Radius eines Planeten bestimmt werden. Wenn ein Planet an seinem Mutterstern vorbeizieht, dann verringert sich für den Beobachter die Helligkeit des Muttersterns - je nach Größe des Muttersterns und des Transitplaneten. Die Masse eines Planeten kann hingegen über die Schwankungen des Muttersterns gemessen werden, die die Gravitationskraft eines umkreisenden Planeten bewirkt ("Wobble Method"). Aus Masse und Größe ergibt sich die Dichte.
->   Details zur Transitmethode - IAC Spain
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Der zweite aufgeblasene "Ausreißer"
Zwar erstaunte "HAT-P-1b" in seinen Maßen die Astronomen, so ganz allein auf weiter Flur ist er damit aber nicht. So wurde bereits einmal ein ähnlich leichter und aufgeblasener Planet entdeckt: "HD 209458 b".

Beide Objekte übertreffen in ihrem Ausmaß niedriger Dichte das Ergebnis theoretischer Berechnungen: Der Transitplanet "HD 209458 b" ist um 20 Prozent stärker "aufgeblasen", als es seine Masse vermuten lassen würde, bei "HAT-P-1b" sind es 24 Prozent.
->   HD 209458 b - Wikipedia
Auf der Suche nach den Ursachen
Warum beide Planeten so eine andere Gestalt als alle bisher entdeckten Transitplaneten aufweisen, ist den Forschern noch ein Rätsel. Theoretiker hatten bereits verschiedene Erklärungsmuster herangezogen, um die "Aufgeblasenheit" von "HD 209458 b" zu erklären - ohne Erfolg.

Eine mögliche Ursache: Eine zusätzliche Hitzquelle im Inneren könnte die Planeten so aufblähen. Die Erwärmung, die durch die Nähe zum Zentralstern entsteht, könne das nicht alleine erreichen, so die Forscher.

"Von elf bekannten Transitplaneten sind nun nicht nur einer, sondern zwei viel größer und von geringerer Dichte, als es die Theorie vorhersagt", sagt Ko-Autor Robert Noyes. Lücken in den Theorien zur Planetengenese wären also denkbar, die es zu schließen gilt.

[science.ORF.at, 19.9.06]
->   Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics
->   Website von Gaspar Bakos
->   Enzyklopädie der extrasolaren Planeten
->   Exoplaneten - Wikipedia
->   Alle Beiträge zum Stichwort Exoplanet im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010