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Konstruktive Kritik als Schlüssel zum Erfolg  
  Die Beziehungen zwischen Mitarbeitern sind ein entscheidender Faktor für den Erfolg eines Unternehmens. Wesentlich ist dabei vor allem, dass konstruktive Kritik die Kommunikation der Werktätigen bestimmt - und nicht Harmonie.  
Dies ist das Ergebnis von Soziologen der US-Universität Brown, die ihre Studie nun im "Research in the Sociology of Organizations" vorstellten. Je enger - freundschaftlicher und familiärer - Kollegen einander verbunden sind, desto weniger sind sie geeignet, sich in konstruktiven Debatten über wirtschaftliche Entscheidungen zu engagieren, so die Schlussfolgerung der Forscher.

Dem gegenüber verfügen Mitarbeiter, die über rein berufliche Beziehungen verbunden sind, über einen größere Menge an Informationen und engagieren sich mehr in konstruktiven Diskussionen und in gegenseitiger Kritik, was schließlich in einen größeren wirtschaftlichen Erfolg mündet.
Gute Geschäfte durch Kritikfähigkeit
"Gutes Business hat wenig mit gegenseitiger Sympathie, dafür mehr mit Respekt, aber auch kritischer Auseinandersetzung der Mitarbeiter zu tun, erklärt Brooke Harrington, Assistant Professor für Soziologie an der Brown University.

"Es ist eine Gefahr, der sich alle Unternehmen stellen müssen, nämlich die Dinge nicht zu freundschaftlich im Sinne mangelnder Kritik werden zu lassen."
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Untersuchung an 11.000 Werktätigen
Harrington untersuchte über 11.000 Werktätige in 1.245 Investmentklubs der USA. Investmentklubs sind Organisationen von 15 bis 20 Leuten, die alle in einen gemeinsamen Pool einzahlen, um in diverse Aktienmärkte zu investieren. Investmentklubs sind in der Regel streng hierarchisch gegliedert und haben Profitmaximierung als oberstes Unternehmensziel.
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Einfacher Zusammenhang
Je professioneller die Art der Beziehung zwischen den Mitarbeitern gestaltet wurde, desto erfolgreicher waren die Investmentklubs, resümieren die Wissenschaftler in ihrer Studie. "Jede zusätzliche reine berufsbezogene Beziehung, die innerhalb der Firma zwischen den Mitarbeitern entstand, führte zu einer Steigerung der finanziellen Performance des Investmentklubs um acht Prozent."

Diese Ergebnisse illustrieren laut den Forschern, warum Familienunternehmen eher in Schwierigkeiten geraten als Firmen, deren Mitglieder rein professionelle Kontakte pflegen. Denn, so die Soziologen, Familienmitglieder und Freunde in der eigenen Firma werden weniger leicht kritisiert als reine Berufskollegen.

Es scheint demnach nicht zielführend zu sein, ausschließlich mit Freunden und Familienmitgliedern zusammen zu arbeiten, denn diese verfügen über ähnliche Informationsquellen und Arten zu Denken.
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Entscheidungsfindung in komplexer Umgebung
Wenn es zur Entscheidungsfindung in einem komplexen Umfeld kommt - einer Anforderung, der sich Unternehmen in einer globalisierten Ökonomie ständig zu stellen haben - ist es für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens essenziell, den Input der eigenen Mitarbeiter zu maximieren. Nirgendwo ist das wichtiger als in Industriebranchen, in denen Ideen und Informationen als zentrale Produkte fungieren, wie in der Informationstechnologie oder im Finanzbereich.
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Bis in die Vorstandsetage
Die Regel der "professionellen, konstruktiven Kritik" gilt laut den Forschern für alle Hierachie-Ebenen eines Unternehmens. Auch der Vorstand eines Unternehmens mit seinen Mitgliedern kann die wirtschaftliche Bilanz einer Firma negativ beeinflussen, wenn die Beziehungen untereinander und zum Aufsichtsrat zu kritiklos und 'harmonisch' gestaltet werden.
Hohe Fluktuationen schwer berechenbar
Ein Faktor, der jenseits aller direkten Kontrolle liegt, ist die derzeit fast weltweit hohe Fluktuation auf den Arbeitsmärkten, besonders in Branchen der Informations- und Kommunikationstechnologien. Das beeinflusst die Arbeitsorganisation nicht unwesentlich.

Wenn Werktätige nicht lange auf einem Arbeitsplatz verweilen, können auch nicht jene engen privaten Bindungen entsehen, die notwendige Kritik unterbinden, schließen die Soziologen. Andererseits bedeutet das gerade für Branchen und Firmen mit geringen Mitarbeiter-Fluktuationen, dass möglicherweise von Zeit zu Zeit Umstrukturierungen durch das Management vorgenommen werden sollten.
Zweifel bleiben
Die Studie der Brown-Forscher lässt einige interessante Aspekte und Schlussfolgerungen aus der Zusammensetzung von Mitarbeiter-Netzwerken und deren Kommunikation zu. Doch es darf ruhig bezweifelt werden, ob man von den Untersuchungen US-amerikanischer Investmentclubs auf sämtliche Branchen und deren jeweilige Bedürfnisse im Bereich der Mitarbeiter-Kommunikation schließen kann.

(red)
->   Soziologie an der Brown University
 
 
 
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01.01.2010