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"Stern von Bethlehem": Astronomische Erklärungen  
  Ein heller Stern weist in der biblischen Weihnachtsgeschichte den drei Weisen den Weg zur Krippe nach Bethlehem. Welches astronomische Ereignis hinter der Überlieferung gesteckt haben könnte, beschäftigt seit Jahrhunderten die Wissenschaft. Komet, Supernova oder eine besondere Planetenkonstellation - das sind die gängigsten Theorien.  
"Als Jesus [...] geboren war", steht in der Bibel zu lesen, "kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem". Die Weisen aus dem Morgenland haben seinen "Stern aufgehen sehen", wie das Neue Testament überliefert. Der Stern sei vor ihnen her gezogen bis zu dem Ort, wo das Kind war.

Doch was könnte damals tatsächlich so auffällig am Himmel geleuchtet haben? Ein Komet? Ein explodierender Stern? Mehrere Planeten?
Kein Komet als Wegweiser
Gegen einen Kometen spricht zum einen die Deutung von Kometen als Unheilsbringer und zum anderen, dass für die Zeit der angenommenen Geburt Christi kein Komet nachweisbar ist.

Lediglich für das Jahr 12 vor Christus war laut Berechnung der Halley'sche Komet zu sehen, sagt Wolfgang Habison, Mitarbeiter der Kuffner Sternwarte in Wien, der dort Führungen zum "Stern von Bethlehem" hält.
Auch keine Supernova
Gegen die Theorie der Supernova spricht Habison zufolge, dass eine Sternenexplosion nicht so lange zu sehen sei, als dass man ihr wochenlang von Babylon nach Bethlehem nachreisen könnte - wie das der Weihnachtsgeschichte zufolge die Weisen getan haben sollen.

Zudem lassen sich keine Reste einer infrage kommenden Supernova nachweisen, sagt Habison gegenüber science.ORF.at.
Einschub: Himmlische Supernova-Suche
Interessant dabei ist die Frage, wo man nach zu einer Stern-von-Bethlehem-Theorie passenden Supernova suchen müsste: An welchem Ort hätten die bayblonischen Priesterastronomen eine Supernova sehen müssen, um sie als Zeichen für die Geburt des Königs der Juden zu deuten?

Dazu steht in einer neuen Broschüre der Kuffner Sternwarte über den Stern von Bethlehem zu lesen: "Der Evangelist Matthäus bezieht sich in seinem Bericht über die Geburt Jesu auf eine Stelle im Alten Testamen, die vom Propheten Jesaja stammt: Darum wird Euch der Herr von sich aus ein Zeichen geben: Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, sie wird einen Sohn gebären[...]. In christlicher Tradition würde man bei der Erwähnung der Jungfrau sofort an Maria denken. Doch lösen wir uns einen Augenblick davon und blicken zum Sternenhimmel auf [...]."

Dort nämlich, so die Kuffner Sternwarte, habe sich in der babylonischen Interpretation der Sternbilder ebenfalls eine "Jungfrau" befunden - Erua genannt, etwas oberhalb des Sternbilds Löwe und nicht mit dem heute geläufigen Sternbild Jungfrau identisch. Eura sei an der Stelle zu suchen, die heute als "Haar der Berenike" bezeichnet wird.
Planeten-Parade als Parade-Plot
Am wahrscheinlichsten gilt heutzutage eine Planetenbegegnung - dass sich Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische scheinbar getroffen haben. Habison: "Im Jahr 7 vor Christus gab es eine so genannte große Planetenkonjunktion: Jupiter und Saturn näherten sich gleich drei Mal im Laufe von sechs Monaten an."

Rein zeitlich wäre sich eine Reise von Babylon nach Bethlehem ausgegangen, so Habison. Direkt durch die syrische Wüste betrage die Entfernung 800 Kilometer; entlang des Euphrat, über Palmyra und Damaskus 1.200 Kilometer.
->   Stern von Bethlehem (Wikipedia)
Sechs Monate Zeit für Deutung und Reise
Die erste auffällige Himmelserscheinung, die erste Jupiter-Saturn-Begegnung im Jahr 7 vor Christus, war laut Astronomiehistorikern Ende Mai/Anfang Juni, sagt Habison im Ö1 Mittagsjournal:

"Die zweite dieser drei Annäherungen fand Anfang Oktober statt. Das passt recht gut: innerhalb der Monate von Juni bis September hätten sie recherchieren können und dann bei der zweiten Konjunktion Richtung Jerusalem losgehen können.

Die dritte Konjunktion fand im Dezember statt. Wenn man von ca. sechs Wochen Reisedauer ausgeht, dann hätten sie von Oktober bis Dezember leicht in Jerusalem sein können, auch noch mit Herodes sprechen und dann nach Bethlehem weiterreisen können."
Deutung der Weisen
Auch die Deutung des dreimaligen Jupiter-Saturn-Treffens im Sternbild der Fische spricht laut Habison dafür, damit astronomisch den biblischen Stern-von-Bethlehem zu erklären.

"Jupiter steht für den König, Saturn war der Planet des jüdischen Volkes und das Sternbild der Fische steht für Fruchtbarkeit. Kurz: die Geburt eines möglichen Erlösers oder Herrschers für das jüdische Volk."
Könige, Magier, Weise: Wer waren sie?
Die Astronomen oder Sterndeuter der damaligen Zeit gehörten laut Habison der Priesterkaste in Babylon an. Dass einige von ihnen jüdische Wurzeln hatten und sich deshalb für den so genannten "Stern von Bethlehem" interessiert haben könnten, sei auszuschließen, sagt Habison.

Die Aufnahme in die babylonische Priesterkaste war vom Stammbaum der Familie abhängig, doch die die Familienherkunft der Exiljuden habe sich nicht nachprüfen lassen. Zudem hätten sich Juden damals nicht mit der Deutung des Himmels beschäftigt.

Übrigens: Die zeitliche Diskrepanz zwischen Weihnachten und Dreikönigstag liege in der späteren Geschichte der Festtage, sagt Habison, die drei Weisen kamen also nicht zu spät.

Barbara Daser, Ö1 Wissenschaft, 20.12.2006
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Neue Broschüre
Die astronomie-geschichtlichen Theorien über den "Stern von Bethlehem" sind in einer neuen Broschüre der Kuffner Sternwarte in Wien zusammengefasst. Bis zum Dreikönigstag gibt es dort zudem spezielle Führungen.

"Der Stern von Bethlehem. Das Phänomen aus astronomiehistorischer Sicht."
Von Wolfgang Habison, Markus Steidl, Doris Vickers. Erhältlich bei der Kuffner Sternwarte in Wien, 5 Euro.
->   Kuffner Sternwarte
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Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Jupiter und Saturn als Königslotsen (5.1.02)
->   Neue Theorie zum Stern von Bethlehem (22.12.00)
 
 
 
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01.01.2010