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Neue Einsichten in das eiszeitliche Massensterben  
  Im Laufe der Evolution kam es immer wieder zu gigantischen Massensterben unzähliger Arten in sehr kurzen Zeiträumen. Jetzt gibt es neue Hinweise darauf, warum Tierarten wie die Mammuts nahezu plötzlich von der Bildfläche der Evolution verschwanden: Der Einfluss des eiszeitlichen Menschen auf jene Massensterben scheint größer denn je.  
Genaue Datierung schwierig
Richard Roberts und seine Kollegen von der Universität Melbourne haben jetzt zwei spezifische Datierungs-Techniken kombiniert und konnten dadurch eine große Anzahl in Frage kommender Fossilien exakter als bisher zeitlich bestimmen, wie die aktuelle Ausgabe von "Science" berichtet.

"Alle australischen Landsäugetiere, Reptilien und Vögel, die mehr als 100 Kilogramm wogen, verschwanden während der letzten Periode des Quartärs (vor zwei Millionen Jahren, Anm.)", beschreibt Richard Roberts das australische Massensterben während der Eiszeit.

Bislang musste man sich die Frage stellen: Was sind die genauen Ursachen jener evolutionären Tragödien in so kurzen Zeiträumen? Entweder wurden die Gründe hierfür in einem drastischen Klimawechsel während der letzten Eiszeitperioden gesehen. Oder man machte den Menschen für das plötzliche Verschwinden vieler Tierarten verantwortlich.
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Quartär
Das Quartär ist die jüngste, kürzeste und noch nicht abgeschlossene Epoche der Erdgeschichte. Man gliedert das Quartär in das Pleistozän und das Holozän (Nacheiszeit), das die letzten 10.000 Jahre umfasst. Das Pleistozän ist gekennzeichnet durch große Klimaschwankungen. Eiszeiten wechselten mit Zeiten gemäßigtem oder sogar warmem Klimata ab. Bedingt durch die starken Klimaschwankungen des Quartärs kam es zu einem mehrmaligen raschen Wechsel in der Tier- und Pflanzenwelt.
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'Der Mensch ist schuld'
Die Ergebnisse der Forscher deuten darauf hin, dass vor allem der Mensch für das Aussterben der australischen Säuger und Reptilien vor Tausenden von Jahren verantwortlich sein dürfte. Sowohl die optische als auch die Uranium-Throium-Datierung weisen auf einen Zeitpunkt vor 46.000 Jahren, an dem die meisten Tierarten verschwanden.

Ein bedeutender Klimawechsel fand aber erst vor etwa 23.000 bis 19.000 Jahren während der letzten Eiszeit statt. Deshalb kommt für die Forscher eine Klimaveränderung als Ursache jener Massensterben nicht in Frage. Darüber hinaus tauchten die ersten Menschen in Australien vor ca. 56.000 Jahren auf. Es deutet also einiges darauf hin, dass vor allem menschliche Aktivitäten zu dem Aussterben vieler Tierarten vor 46.000 Jahren führten. Wie das im Detail erfolgte, ist den Wissenschaftlern noch nicht ganz klar.
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Eiszeit
erdgeschichtliche Periode starker Vergletscherung weiter Landgebiete, vor allem im Quartär. Niederschläge traten vorwiegend als Schnee auf, der schließlich nicht mehr wegschmolz und zu Firn erhärtete. Eiszeiten gab es auch in Nordamerika und Asien. Der Eiszeit entsprach in Afrika die durch Regen gekennzeichnete Pluvialzeit. Während der Eiszeit flossen im Norden die Gletscher zum alles bedeckenden Inlandeis zusammen. Das Klima in den Zwischeneiszeiten war dem heutigen ähnlich, zeitweise sogar wärmer. Die Senkung des Jahresmittels der Temperatur während der Eiszeit in Europa wird mit 13 Grad Celsius veranschlagt. In der Nacheiszeit kehrte die Tier- und Pflanzenwelt allmählich zurück.
->   Mehr zu den Eiszeiten
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Intensive Jagd oder Zerstörung der Ökosysteme?
Diskutiert wird noch, ob der Mensch vor 50.000 Jahren bestimmte Tierarten bis zur Ausrottung jagte oder seine schon damals massiven Eingriffe in die bestehenden Ökosysteme zum Verschwinden der Mammuts und anderer Eiszeitriesen führte. Eventuell war es eine Kombination beider Phänomene.
US-Studie bestätigt Australier
Wissenschaftler der University of California untermauerten mit einer ähnlichen Studie, ebenfalls erschienen in der aktuellen Ausgabe von "Science", die Ergebnisse ihrer australischen Kollegen.

John Alroy entwickelte ein Computermodell, das Aufschluss darüber gibt, welche Ursachen für Massensterben von Tierarten in Nordamerika - ähnlich jenen in Australien - verantwortlich sind. Er untersuchte die Jagdgewohnheiten verschiedener Populationen eiszeitlicher Menschen und das gleichzeitige Verschwinden vieler Tierarten.

Er kam zu dem Ergebnis, dass die großen Massensterben vieler in Nordamerika vorkommender Tierarten 800 bis 1.600 Jahre, nachdem die ersten Menschen vor 13.000 Jahren in Nordamerika auftauchten, stattfanden.
Ein geologischer Augenblick von zoologischer Bedeutung
Die von John Alroy errechneten Zeiträume entsprechen geologisch einem kurzen Moment. Sie sind aber nichtsdestotrotz für Menschen lang genug, um negative Auswirkungen auf bestehende Tierarten zu haben.

(red)
->   School of Earth Sciences, University of Melbourne
->   National Center for Ecological Analysis and Synthesis, University of California
Die australische Studie erschien in Science (kostenpflichtig) unter "New Ages for the Last Australian Megafauna: Continent-Wide Extinction About 46,000 Years Ago", die amerikanische unter "A Multispecies Overkill Simulation of the End-Pleistocene Megafaunal Mass Extinction".
->   Die beiden Originalartikel in 'Science'
 
 
 
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01.01.2010