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Dunkle Materie: Was der Energiezustand verrät  
  Dunkle Materie könnte mehr von den Anfängen des Universums zu erzählen haben, als man bisher angenommen hat. Geht es nach einem britisch-niederländischen Astronomenteam, könnte man aus heute noch sichtbaren Sternen ableiten, welche Rolle die Dunkle Materie bei der Bildung des Universums gespielt hat und wie die massiven Schwarzen Löcher im Zentrum zahlreicher Galaxien entstanden sind.  
Die Forscher der britischen Durham University greifen das Konzept auf, dass es eine "warme", aus energiereichen Teilchen bestehende, und eine "kalte", aus langsamen energiearmen Partikeln zusammengesetzte Dunkle Materie gibt.

Je nachdem, ob die Sterne, die sich zu Beginn des Universums gebildet haben, die Form von Fasern oder Klumpen gehabt hätten, könne man Rückschlüsse auf den Energiezustand der geheimnisvollen Substanz ziehen.
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Die Studie "Lighting the Universe with Filaments" von Liang Gao und Tom Theuns ist am 14. September 2007 in "Science" erschienen (Band 317, S. 1527-1530, DOI: 10.1126/science.1146676).
->   "Science"
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Konstrukt, um Widersprüchliches zu erklären
Die Dunkle Materie ist, um es verkürzt zu sagen, ein Konstrukt von Astronomen und Physikern, um scheinbar widersprüchliche Erscheinungen im Weltall erklären zu können. Wenn Galaxien nämlich nur aus der Materie bestünden, die man im Weltraum sieht, dann besäßen Galaxien eigentlich zu wenig Massen, um sich zu größeren Haufen zu vereinen. Aber sie tun es dennoch.

Demnach, so nehmen die meisten Forscher an, stimmt etwas mit der Materieverteilung im Universum nicht. Es müsse neben der handelsüblichen Materie noch eine andere, dunkle Materieform gibt. "Dunkel" wird sie deswegen genannt, weil sie kein Licht oder andere Strahlung reflektiert und deshalb nicht zu sehen ist.

Schätzungen zufolge bestehen Galaxien wie etwa die Milchstraße zu 90, vielleicht sogar zu 95 Prozent aus dieser Dunklen Materie.
->   Dunkle Materie - direkter Nachweis gelungen (22.8.06)
Warme und kalte Dunkle Materie simuliert
Liang Gao und Tom Theuns behaupten in ihrer Studie, dass die Struktur der frühesten Sterne weitere Geheimnisse über die Dunkle Materie, aber auch über die Anfänge des Universums preisgeben kann. Sie simulierten, wie sich Teilchen von Dunkler Materie verhalten, je nachdem, ob sie energiereich ("warm") oder energiearm ("kalt") sind.

Die Frage, ob Strukturen im Universum wie beispielsweise Galaxiengruppen aus kalter oder warmer Dunkle Materie entstanden sind, ist noch immer umstritten. Bisher ging man aber davon aus, dass es sich wahrscheinlich um die kalte Variante gehandelt hat.
Extrem lange Fasern
 
Bild: Science

Gao und Theuns haben nun beide Zustände simuliert, wobei sie die warme Dunkle Energie aufgrund des geringen Wissensstands zu ihrem Verhalten besonders interessierte. Laut ihren Berechnungen hätten sich die warmen Teilchen zu extrem langen Fasern zusammengefügt (siehe Bild oben).
Wie auf "Schnüren" aufgefädelt
 
Bild: Science

"Diese Fasern wären rund 9.000 Lichtjahre lang gewesen, was ungefähr ein Viertel der Größe unserer Milchstraße ist", erklärt Gao in einer Presseaussendung der Universität Durham. Die Forscher nehmen an, dass sich die ersten Sterne im Rahmen einer riesigen Explosion innerhalb dieser Fasern gebildet haben, sie aber dennoch wie auf "Schnüren" aufgefädelt blieben.
Klumpen bei kalter Materie
 
Bild: Science

Verwendeten die beiden Forscher für ihre Simulation kalte Dunkle Materieteilchen, entstand ein ganz anderes Bild: Die Sterne bildeten sich vergleichbar mit Klumpen heraus.
Hoffnung auf Bilder aus dem Weltall
Um die Frage des Energiezustands der Teilchen klären zu können, hoffen Gao und Theuns auf Bilder aus dem Weltall. War warme Dunkle Materie im Spiel, könnten einige der damals gebildeten Sterne über besonders wenig Masse verfügen.

Nachdem wenig Masse die Lebensdauer der Himmelskörper verlängert, könnten sie heute noch mit Teleskopen zu finden sein. Ihr Reflexionsverhalten würde weitere Einsichten in die Bildungsprozesse bieten.
Schwarzes Loch durch Zusammenbruch einer Faser
Auch eine neue Erklärung, wie die massiven Schwarzen Löcher im Zentrum vieler Galaxien entstanden sein könnten, wollen die Forscher mit ihrer Arbeit zu warmer Dunkler Materie liefern:

Eine fasernartige Struktur könnte mit den auf ihr befindlichen Sternen kollabiert sein und damit ein Schwarzes Loch begründet haben.

Elke Ziegler, science.ORF.at, 13.9.07
->   Liang Gao (Universität Durham)
->   Tom Theuns (Universität Durham)
Aktuelle Meldungen zu Dunkler Materie in science.ORF.at:
->   Teleskop "Hubble" entdeckt Ring aus Dunkler Materie (15.5.07)
->   Wie Zwerggalaxien ihr Licht verloren (15.2.07)
->   3-D-Karte der Dunklen Materie im Universum erstellt (8.1.07)
 
 
 
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01.01.2010