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Physiker lösten Rätsel um Starke Wechselwirkung  
  Ein altes Rätsel aus der Welt der kleinsten Bauteile der Materie hat nun ein österreichisch-japanisches Forscherteam unter Beteiligung des Stefan-Meyer-Instituts für subatomare Physik (SMI) gelöst.  
Für Physiker lange ungeklärt war die hohe Stärke der "Starken Wechselwirkung" zwischen Kaonen, mittelschweren Teilchen bestehend aus zwei Quarks, und Helium-Kernen in Experimenten - ganz entgegen der theoretischen Überlegungen.

"Aufgrund des Fortschritts in der Messtechnik konnte gezeigt werden, dass die Starke Wechselwirkung doch eigentlich viel kleiner ist", sagte Johann Marton vom SMI, das ein Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ist, gegenüber der APA.
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Die Studie "Precision measurement of the 3d-2p x-ray energy in kaonic 4He" von S. Okada vom Riken Nishina Center und Kollegen ist im Journal "Physics Letters" erschienen (doi:10.1016/j.physletb.2007.08.032).
->   Zum Abstract
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Hält kleinste Bausteine zusammen
Die Forscher konnten ein seit rund 30 Jahren bestehendes Problem der Starken Wechselwirkung zwischen Antikaon und Helium-4-Kern aufklären. Die Starke Wechselwirkung zählt dabei wie die elektromagnetische Wechselwirkung, die schwache Wechselwirkung und die Gravitation zu den vier Grundkräften der Natur.

Sie hält die kleinsten Bausteine der Materie und damit auch die Bausteine des Atomkerns, die Quarks, zusammen.
->   Starke Wechselwirkung (Wikipedia)
Stärkere Wirkung als in Theorie
Lange ungeklärt war das Auftreten der Starken Wechselwirkung zwischen Kaonen (K-Mesonen-), also mittelschweren Teilchen bestehend aus zwei Quarks, und Helium-Kernen.

Entgegen der theoretischen Beschreibung zeigten Experimente aus den 1970er Jahren, dass eine große Stärke der Wechselwirkung zwischen den im Versuch eingesetzten Antikaonen - den Anti-Materie-Pendants des Kaon - und den Nukleonen im Atomkern auftritt. "Die damaligen Experimente zeigten einen rund 100-fach stärkeren Effekt als theoretisch erwartet", so Marton.
Neue Röntgendetektoren eingesetzt
In Versuchen des japanisch-österreichischen Teams am Teilchenbeschleuniger des japanischen Forschungszentrums KEK in Tsukuba konnte die Diskrepanz zwischen Theorie und Experiment geklärt werden: "Neuartige Röntgendetektoren, nämlich 'Silizium-Drift-Detektoren', haben präzisere Messungen ermöglicht", so Marton.

Diese Detektoren seien erstmals für diese Art von Untersuchungen eingesetzt worden. "Wir konnten so kleine systematische Effekte studieren. Bei den alten Experimenten kamen Röntgendetektoren mit schlechterer Energieauflösung zum Einsatz", so Marton, der mit SMI-Direktor Eberhard Widmann und Kollegen an dem Experiment beteiligt war.
Kaonisches Helium untersucht
Die Physiker untersuchten kaonisches Helium, ein künstlich hergestelltes Atom, bei dem ein Elektron durch das tausendfach schwerere, negativ geladene Antikaon ersetzt wird.

Gemessen wurden minimale Energieunterschiede beim Röntgenübergang zwischen bestimmten Energieniveaus innerhalb des Antikaon-Helium 4-Systems. Bei den älteren Experimenten mit kaonischem Helium deuteten die Röntgenspektren immer auf eine unerklärlich hohe Verschiebung der Übergangsenergie hin.
Anteil der Wechselwirkung gering
Die theoretische Beschreibung der starken Wechselwirkung zwischen Antikaon und Kern ist zwar bis heute nicht endgültig geklärt, die aktuellen Messergebnisse bestätigen aber laut den Forschern das, was bis jetzt als gesichert gilt:

Der Anteil der starken Wechselwirkung im Antikaon-Helium-System ist - wie theoretisch angenommen - wirklich sehr gering. In erster Linie wirken hier elektrische Kräfte aufgrund der positiven und negativen Ladung des Helium-Kerns und des Antikaons, wie sie beispielsweise auch in chemischen Bindungen wirken.

[science.ORF.at/APA, 12.10.07]
->   Stefan-Meyer-Institut für subatomare Physik
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01.01.2010