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Warum Knoblauch gesund ist  
  Dass der Verzehr von Knoblauch Herzkreislauferkrankungen vorbeugt und auch sonst gesund ist, wissen Mediziner schon lange. US-Forscher haben nun erstmals im Laborversuch gezeigt, was dessen Inhaltsstoffe im Körper auslösen.  
Knoblauchkonsum regt Blutzellen - und vermutlich auch andere Gewebe - zur Herstellung eines Botenstoffes an, der die Blutgefäße merklich entspannt. Das berichtet ein Team um David W. Kraus von der University of Alabama.
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"Hydrogen sulfide mediates the vasoactivity of garlic" von Gloria A. Benavides et al. wird zwischen 15. und 19.10.07 auf der Website der "Proceedings of the National Academy of Sciences" veröffentlicht (doi: 10.1073/pnas.0705710104).
->   Abstract (sobald online)
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Gut und gesund
In der mediterranen Küche hat der Knoblauch ebenso einen Fixplatz wie in der medizinischen Fachliteratur. Er schmeckt gut und ist offenbar ebenso gesund. Knoblauch reduziert besonders jene Risikofaktoren, die mit Herzkreislauferkrankungen verbunden sind. Also etwa erhöhter Blutdruck, hohe Cholesterinwerte, Verklumpung von Blutplättchen und anderes mehr.

Warum das so ist, war bis dato nicht hinlänglich bekannt. Oder genauer gesagt: Es gab zwar meterweise Literatur über die physiologische Wirkung des Zwiebelgewächses und seiner Inhaltsstoffe, aber eine lückenlose Beweiskette von der Knoblauchzehe bis zur Körperzelle wurde noch nicht abgeliefert.
Schlüsselsubstanz H2S?
 
Bild: EPA

Dieses Ziel haben sich nun David W. Kraus und seine Kollegen gesetzt. Ausgangspunkt war folgendes Poblem: Nachdem man weiß, dass Allicin (benannt nach dem botanischen Namen der Pflanze, Allium sativa) der Hauptwirkstoff des Knoblauchs ist, und darin auch andere Schwefelverbindungen vorkommen, stellt sich die Frage, was mit diesen Substanzen im Körper passiert.

Im Blut oder im Urin sind sie selbst nach einer knoblauchreichen Mahlzeit nicht vorhanden, was darauf hinweist, dass sie schnell vom Stoffwechsel abgebaut werden. Nur: zu welcher Substanz?

David Kraus tippte auf Schwefelwasserstoff (H2S) - ein kleines Molekül, das relativ ungehindert durch die Membranen wandern kann und innerhalb der Zellen als Botensubstanz wirkt. Die physiologische Wirkung von H2S ist noch relativ wenig erforscht, man geht aber davon aus, dass es eine ganz ähnliche Rolle wie Stickstoffmonoxid (NO) spielt, das 1992 aufgrund seiner vielfältigen Aufgaben in einer "Science"-Umfrage zum "Molekül des Jahres" gewählt wurde.

Bekannt war bisher jedenfalls, dass H2S das Herzkreislaufsystem positiv beeinflusst - etwa durch Senkung des Blutdrucks.
Nachweis im Reagenzglas
Nachweise von H2S im lebenden Gewebe waren bis vor kurzem in Ermangelung entsprechender Geräte nicht möglich, im Jahr 2005 stellten allerdings Kraus und seine Mitarbeiter einen H2S-Sensor vor, der genau das kann - und zwar in Echtzeit (Analytical Biochemistry 341, 40).

Das war auch die halbe Miete für die nun vorliegende Studie. Mit dem neuen Gerät untersuchten die US-Forscher ein mit roten Blutkörperchen gefülltes Reagenzglas, in das sie eine Knoblauchlösung tropften. Die Reaktion: Der H2S-Gehalt im Reagenzglas stieg sprunghaft an.
Beweis: Aorta in der Nährlösung
Damit hatte Kraus ein wichtiges Indiz in Händen, fehlte nur noch das letzte Glied, um die physiologische Nachweiskette endgültig zu schließen. Das gelang mit einer in Ringe geschnittenen Rattenaorta. Die Ringe legten die US-Forscher in eine Organwanne und fügten erneut eine Knoblauchlösung hinzu.

Die Versuche bewiesen, dass Knoblauch tatsächlich die Aortamuskulatur entspannt, höchstwahrscheinlich auf zweierlei Arten: Ersten führt die Anwesenheit von H2S zum Öffnen gewisser Ionenkanäle in Muskelzellen, zweitens führt H2S über Reaktion mit anderen Molekülen zur Freisetzung von NO. Beides hat im Wesentlichen die gleiche Wirkung: Es macht die Wände der Blutgefäße flexibler.

Kraus und seine Mitarbeiter schlagen vor, dass ähnliche Versuche zur Standardisierung von Knoblauchpräparaten dienen könnten. Wirksam wäre ein Präparat dann, wenn es Körperzellen zur Herstellung von H2S anregt - je mehr, desto besser.

Robert Czepel, science.ORF.at, 16.10.07
->   David W. Kraus - University of Alabama
->   Knoblauch - Wikipedia
->   Mehr zu Knoblauch in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010