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Elite-Uni: Top-Forscher raten zur Langsamkeit  
  US-amerikanische Spitzenforscher mit österreichischen Wurzeln empfehlen beim Aufbau der Elite-Uni "IST Austria" in Maria Gugging nicht zu hastig vorzugehen. Was zähle, sei fachliche Exzellenz, sonst nichts.  
Für Chemie-Nobelpreisträger Walter Kohn von der University of California in Santa Barbara (UCSB) ist "Qualität das Nummer-Eins-Kriterium". Und John Ross, emeritierter Professor an der Stanford University, empfiehlt, vor allem bei der Personalbestellung "langsam, sehr langsam" vorzugehen.
Fallbeispiel: Physikinstitut an der University of California
Eine österreichische Delegation besuchte im Rahmen der "Austrian Science Days" zahlreiche Experten in den USA, darunter auch die beiden Wissenschaftler Kohn und Ross, die als Kinder aus Österreich vertrieben wurden. Kohn erhielt 1998 den Nobelpreis für Chemie, Ross bekam 1999 die höchste US-Auszeichnung für Wissenschaftler, die "National Medal of Science".

Kohn erinnerte daran, dass er selbst an der UCSB 1979 das Institut für Theoretische Physik gegründet hatte. Und dabei als oberstes Kriterium höchste Qualität angelegt habe. Das würde er auch für das IST Austria empfehlen.

Weiters sollte man wissenschaftliche Gebiete auswählen, "deren Zeit gekommen ist bzw. wo sich schon abzeichnet, dass sich realistische Möglichkeiten für bedeutende Fortschritte ergeben". Prinzipiell sollte aber besonderes Augenmerk auf die Wissenschaftler und deren Qualität und nicht so sehr auf die Fächer gelegt werden.
Personen, nicht Disziplinen
Diesen Rat gab auch John Ross: "Berufen Sie Personen, nicht Wissenschaftsfelder." Entscheidend für den Chemiker ist jene Person, welche die ersten Berufungen durchführt, "die muss sehr stark sein, gegenüber Politikern und jeglichem anderen Einfluss". Zudem empfiehlt Ross, nicht allzu schnell zu wachsen.

Als schlechtes Beispiel nannte er die Universitätsneugründungen der 60er- und 70er-Jahre in Deutschland. "Dort haben sie den Fehler gemacht, dass sie in ein, zwei Jahren alle Berufungen durchgeführt haben - und damit Mittelmäßigkeit für 40 Jahre einzementiert haben. Die leiden heute noch darunter", so Ross, der deshalb empfiehlt:

"Gehen Sie langsam vor, sehr langsam, und nehmen Sie nur diese, die wirklich gut sind." "Byzantinische Methoden", wo schon vor der Ausschreibung feststehe, wer die Stelle bekomme, sollte man vermeiden.
"Wissenschaft wie Oympische Spiele"
Wenn nur begrenzte Ressourcen zur Verfügen stehen, sollte man lieber weniger Leute aufnehmen. "Es ist besser, in einem Fach nicht zu konkurrieren, als nur in der dritten Liga zu spielen. In der Wissenschaft gibt es keine Punkte für jene, die drittklassig sind, das ist wie früher bei den antiken Olympischen Spielen, da galt auch nur der Sieger, der zweite und dritte aber nichts", sagte Ross.

IST-Austria-Interimsmanager Gerald Murauer jedenfalls fühlt sich durch Kohn und Ross auf dem bisherigen Weg bestätigt. "Qualität vor Geschwindigkeit und Person vor Wissenschaftsgebiet waren schon bisher unsere Strategie", so Murauer gegenüber der APA.

Das Interesse an den Professorenstellen an dem geplanten Institut sei ungebrochen, drei Wochen nach der ersten Ausschreibung gebe es bereits rund 200 Bewerbungen.

[science.ORF.at/APA, 19.10.07]
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01.01.2010