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Seeanemone mit Mensch verwandt  
  Seeanemonen, an Pflanzen erinnernde Meerestiere, sind mit Menschen näher verwandt als beispielsweise Fliegen. Während der frühen Embryonalentwicklung zeigen sich
Ähnlichkeiten mit Wirbeltieren.
 
Das belegen Experimente eines Teams rund um Ulrich Technau vom Department für Theoretische Biologie der Uni Wien.
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Die Studie "The blastoporal organiser of a sea anemone" erscheint in der aktuellen Ausgabe von "Current Biology" (23.Oktober, Bd.17, Nr.20).
->   Abstract
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Unterschiede in der Embryonalentwicklung
Seeanemonen gehören - wie auch Korallen oder Quallen - zu den so genannten Nesseltieren. Ihre Körper bestehen im Prinzip nur aus einer äußeren und einer inneren Zellschicht, dazwischen befindet sich eine mehr oder weniger starke Stützschicht. Diese Schicht ist etwa bei den Quallen besonders mächtig und gibt den Tieren ihre gallertartige Erscheinungsform.

Auch bezüglich ihrer Embryonalentwicklung galten die Nesseltiere als stark von Wirbeltieren abweichend. Diese Annahme haben die Experimente von Technau und seinem Team nun jedenfalls teilweise widerlegt. Die Wissenschaftler haben ein Experiment aus dem Jahr 1924, für das Hans Spemann 1935 den Nobelpreis erhielt, wiederholt.
Organisator-Zellen steuern Entwicklung
Spemann hatte gezeigt, dass es während der frühen Entwicklung von Amphibien einen Zellbereich nahe des sogenannten Urmundes gibt, der gleichsam als Organisator für andere Zellen fungiert.

Transplantiert man diese Organisator-Zellen in andere Stellen des Embryos, so bilden sich dort neue Körperachsen, wie etwa zusätzliche Köpfe oder Wirbelsäulen.

Die Amphibien-Embryos entwickelten sich ähnlich Siamesischen Zwillingen. Bei Fliegen-Embryos und anderen Insekten funktioniert die Sache mit der Transplantation nachweislich nicht. Man nahm daher an, dass es sich um eine Errungenschaft der Wirbeltiere handelt.
Ähnlicher Mechanismus bei Seeanemone
 
Bild: Ulrich Technau

Bild oben: Nach der Transplantation der Urmundlippe bildet die Seeanemone eine zweite Körperachse.
Organisator-Prinzip älter als angenommen
Technau hat das Experiment nun mit Seeanemonen wiederholt. Nach der Zelltransplantation zeigte sich ein den Amphibien sehr ähnlicher, komplexer Organisator-Mechanismus der Zellen rund um den Urmund. Die Forscher gehen nun davon aus, dass dieses Prinzip schon viel älter ist als bisher angenommen. Die komplexe Embryonalentwicklung der Wirbeltiere hätte teilweise bereits bei den Nesseltieren existiert, wäre aber - wie etwa bei den Insekten - nachträglich verloren gegangen.

Das würde bedeuten, dass Menschen und Anemonen einander ähnlicher sind als beispielsweise Menschen und Insekten. Und das obwohl die letzten gemeinsamen Vorfahren von Anemonen und Menschen vor 700 Millionen Jahren existierten, die der Insekten und Menschen noch von 500 Millionen Jahren. Doch während sich die Insekten offenbar rasch in eine andere Richtung entwickelt haben, sind die Nesseltiere eher auf der konservativen Linie gefahren und haben sich kaum verändert.

[science.ORF.at/APA, 23.10.07]
->   Department für Theoretische Biologie, Uni Wien
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Nesseltiere und der "rote Faden" durch die Evolution (30.11.06)
->   Entwicklungsgene: Seeanemonen überraschend komplex (13.1.05)
 
 
 
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01.01.2010