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Emotionales Wrack durch Schlafmangel  
  Schlaf ist für eine ganze Reihe körperlicher Funktionen - vom Stoffwechsel bis zum Lernen - lebensnotwendig. Eine US-Studie hat nun gezeigt, wie stark auch unsere psychische Ausgeglichenheit von ausreichendem Schlaf abhängt. Schlafentzug führt ihr zufolge zu gestörtem emotionalem Verhalten.  
Darüber hinaus versage bei zu wenig Schlaf auch die rationale Kontrolle, berichtet ein Forscherteam um Matthew Walker von der University of California in Berkeley (Current Biology, Bd. 17, R877).
Schlafstörungen und psychische Krankheiten
Bei fast allen psychischen Krankheiten leiden die Betroffenen an einer Schlafstörung. Es liegt daher nahe, dass Schlaf und Emotionen in irgendeiner Form interagieren. Bisher war allerdings unklar, ob Schlafstörungen nur eine Folge neurologischer Krankheiten sind, oder ob sie diese auch auslösen können.

Der Verdacht, dass Schlafmangel selbst psychische Ausnahmezustände produziert, entspricht zwar unserer Alltagserfahrung, wurde aber bisher kaum systematisch erforscht.

Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler nun die neurologischen Reaktionen von 26 gesunden Probanden mit Hilfe bildgebender Verfahren. Die eine Hälfte war zum Zeitpunkt der Tests bereits 35 Stunden wach, die andere hatte dazwischen eine Nacht geschlafen.
Überreaktion und Kontrollverlust
Die Magnetresonanzbilder zeigen klare Unterschiede: Ohne Schlaf reagierte die Amygdala sehr heftig auf negative visuelle Reize, nämlich um 60 Prozent mehr als bei den ausgeschlafenen Probanden. Diese Gehirnregion alarmiert den Körper bei potenziellen Gefahren und steht in engem Zusammenhang mit Depressionen, Ängsten und anderen psychischen Störungen.

Gleichzeitig setzt diese Aktivierung den präfrontalen Cortex außer Kraft, also jene Region, die unter normalen Umständen Emotionen kontrolliert und für rationale Entscheidungsfindung sorgt. Das schlaflose Gehirn aktiviert stattdessen den locus coeruleus - die älteste Region - und schüttet das Hormon Noradrenalin aus.
Mentale Gesundheit durch Schlaf
Es sehe so aus, als würde das Gehirn bei Schlafmangel in einen primitiveren Zustand zurückfallen - unfähig, Emotionen ins rechte Licht zu setzen und kontrollierte, angemessene Reaktionen zu produzieren, so Walker.

Offenbar ist Schlaf notwendig, um unsere emotionalen Schaltkreise quasi wieder instand zu setzen. Laut den Wissenschaftlern sind wir nur so ausreichend auf die täglichen Herausforderungen und sozialen Interaktionen vorbereitet.

Schlafentzug hingegen beeinträchtigt jene Mechanismen nachhaltig, die für unsere mentale Gesundheit wesentlich sind.

[science.ORF.at, 23.10.07]
->   Amygdala (Wikipedia)
->   Matthew P. Walker
->   University of California
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Gehirn ist beim Schlafen noch aktiver als gedacht (31.7.07)
->   Schlafmangel belastet das Herz (14.6.07)
->   Schlafentzug hemmt Langzeitgedächtnis (18.4.06)
 
 
 
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01.01.2010