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Zwei Erklärungen für Rekord-Supernova  
  Im vergangenen Jahr beobachteten Astronomen eine Sternenexplosion, die so gewaltig war, dass sie laut gängigen Vorstellungen gar nicht existieren dürfte. 14 Monate später reichen Theoretiker nun zwei Erklärungsmodelle nach. Das erste geht davon aus, dass die Rekordexplosion nicht von einem, sondern von zwei Sternen stammt. Das andere spekuliert damit, dass der gleiche Stern mehrmals hintereinander explodiert ist.  
238 Millionen Jahre altes Licht
"So etwas haben wir noch nie gesehen", lautete der lapidare Kommentar von Nathan Smith. Der Astronom von der University of California beobachtete im September 2006 den gewaltsamen Tod einer Supersonne, mehr als hundert Mal so schwer wie unsere.

Die rund 238 Millionen Lichtjahre entfernte Sternenexplosion erzeugte einen Lichtblitz, der den Rahmen des bisher Bekannten sprengte. Keine der bisher beobachteten Supernovae war nur annähernd so hell gewesen wie diese. SN 2006gy, so der Name der Explosion, übertraf die bisherigen Rekordhalter um das Zehn- bis Hundertfache.
Lücke im Theoriegebäude
Was die Empiriker unter den Astronomen freut, bereitet den Theoretikern Kopfzerbrechen. Laut den gängigen Modellen sollte ein Stern von mehr als 40 Sonnenmassen im Lauf seines Lebens seine gesamte Wasserstoffhülle abwerfen. Der sterbende Riesenstern, der den gewaltigen Lichtblitz im September 2006 erzeugt hat, war noch viel schwerer, darüber sind sich die Fachleute einig.

Nur wurde bei der Sternenexplosion eben auch nennenswerte Mengen Wasserstoff nachgewiesen. Das deutet darauf hin, dass man es mit einer völlig neuen Art von Supernova zu tun hat. Wie die ins astrophysikalische Weltbild einzupassen wäre, blieb bisher allerdings unklar.
Modell 1: Riese in der Brutstätte
Zwei Forschergruppen bieten nun mögliche Szenarien an: Die beiden Niederländer Simon Zwart und Edward van den Heuvel vom Sternenkundeinstitut Anton Pannekoek gehen davon aus, dass die Rekordexplosion nicht von einem, sondern von zwei Sternen stammt. Ihnen zufolge sollte SN 2006gy in einem Sternenhaufen liegen, in dem durch fortgesetzte Kollisionen immer größere Sterne entstanden sind.

Einer von ihnen war vermutlich über hundert Sonnenmassen schwer, als er mit einem kleinern Kollegen zusammenstieß und schließlich kollabierte. Genau dieses Ereignis erhellte vor 14 Monaten den Nachthimmel der Erde - sofern das Modell stimmt. Entscheidungen darüber sollten in etwa einem Jahr möglich sein.

Dann wird sich nämlich der Lichtblitz so weit verflüchtigt haben, dass man einen genaueren Blick auf die Region der Explosion werfen kann. Zwart und van den Heuvel zufolge sollte dann jene Sternenbrutstätte sichtbar werden, die den Giganten von mehr als 100 Sonnenmassen hervorgebracht hat (Nature Bd. 450, S. 388).
Modell 2: Pulsierende Explosionsherde
US-Astronomen um Stan Woosley von der University of California in Santa Cruz entwerfen ein ganz anderes Bild: "SN 2006gy war extrem hell und wir glauben, dass wir das richtige Modell haben, um das zu erklären.

Es handelt sich dabei um einen völlig neuen Mechanismus, der eine Supernova hervorbringt - und zwar mehrmals in ein und demselben Stern", sagt Woosley. "Üblicherweise denken wir bei Supernovae an den Tod eines Sternes. Aber in diesem Fall kann sich ein Stern gleich ein halbes Dutzend Mal in die Luft jagen."

Kern des neuen Modells mit dem noch gewöhnungsbedürftigen Namen "pulsational pair-instability supernova" ist folgende Überlegung: Extrem große Sterne können in ihrem Inneren so heiß werden, dass Teile von Gammastrahlung in Teilchenpaare -Elektronen und dem Gegenstück aus Antimaterie, Positronen - verwandelt werden.

Da der Strahlungsdruck der Gammastrahlung der Gravitation entgegenwirkt, hat das unmittelbare Konsequenzen. Die Schwerkraft gewinnt Überhand, der Stern stürzt zunächst in sich zusammen und detoniert mit großer Heftigkeit. Da das nach Wooselys Berechnungen mehrmals passieren kann, rasen die in den Weltraum geschleuderten Materiemassen mitunter in die Überreste vorheriger Explosionen. Auch das könnte den ungewöhnlich hellen Lichtblitz von SN 2006gy erklären (Nature Bd. 450, S. 390).

[science.ORF.at, 14.11.07]
->   SN 2006gy - Wikipedia
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01.01.2010