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Klischees und Stereotype in Schulbüchern  
  In österreichischen Schulbüchern werden zwar offene Diskriminierungen vermieden, Rassismus abgelehnt und fixe Rollenbilder von Männern und Frauen hinterfragt. Dennoch werden Stereotype vermittelt.  
Zu diesem Schluss kommt ein eben erschienenes Buch der beiden Sozial- und Kulturanthropologinnen Christa Markom und Heidi Weinhäupl.

Beispiele für die Stereotypen: die Überlegenheit Europas, "ein Afrika" voller Armut und Bürgerkrieg, der Islam als totalisierende Kraft und die zur ausufernden Sexualität neigenden Homosexuellen.
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Christa Markom, Heidi Weinhäupl: "Die Anderen im Schulbuch. Rassismen, Exotismen, Sexismen und Antisemitismus in österreichischen Schulbüchern", Verlag Braumüller
->   Das Buch im Braumüller Verlag
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Schulbücher der AHS-Unterstufe untersucht
Kritik üben die Autorinnen an Begriffen wie "Eskimos", "Buschmänner", "Steinzeitmenschen", "Sippen", "Horden", "primitive Volksstämme" und "Zigeuner", die sich weiterhin in Schulbüchern finden. Machthierarchien würden durch sprachliches Passiv verschleiert sowie Diskriminierungen ausgeblendet, meinen die Autorinnen.

Für ihre Arbeit haben Markom und Weinhäupl Biologie-, Geschichts- und Geografiebücher der ersten bis vierten Klasse AHS-Unterstufe untersucht.

Dabei werden weniger einzelne Bücher mittels Auflistung diskriminierender Passagen kritisiert, sondern einzelne Ausschnitte analysiert, Verbesserungen vorgeschlagen und Good-Practice-Beispiele hervorgehoben.
Lückenhafte Geschichte des Antisemitismus
Breiten Raum widmen die Autorinnen dem Antisemitismus. So machen sie darauf aufmerksam, dass im Mittelalter und der Neuzeit Judenverfolgungen zum Teil ausgeblendet bzw. die Schuldigen daran nicht genannt werden.

Zum Teil würde sogar in einem ansonsten kritischen und hinterfragenden Geschichtsbuch die Judenverfolgungen im Mittelalter, Massenmorde an ihnen, Zwangstaufen und Pogrome keine Erwähnung finden.

Kreuzzüge würden als Kampf des Christentums gegen den Islam dargestellt, Juden in diesem Zusammenhang dagegen gar nicht erwähnt.
Rassismus nur in den Kolonien
Noch auffälliger werde die Ausblendung der Judenverfolgungen und der Lebenssituation von Juden bei der Aufarbeitung von Humanismus, Aufklärung und Imperialismus: So würden sich Diskriminierung und Völkermord nur in den Kolonien abspielen, Rassismus werde anhand der Situation afrikanischer Sklaven thematisiert.

Die antijüdische Politik Maria Theresias bleibe dagegen - im Gegensatz zum "Toleranzedikt" ihres Sohnes Josef II. - in zwei von drei untersuchten Büchern unerwähnt.
"Alle gegen Österreich" Szenario
Auch aktuellere Bezüge werden genannt: So werde etwa in einem Buch bei der Beschreibung der Waldheim-Affäre der Eindruck erweckt, dass dieser unschuldig verleumdet worden wäre und sich US-Medien geradezu gegen Österreich verschworen hätten.

Dieses "Alle gegen Österreich" Szenario setze sich auch in Bezug auf die EU-Sanktionen nach der FPÖ-Regierungsbeteiligung fort, die als "völlig übertriebene Reaktionen" bezeichnet werden.

[science.ORF.at/APA, 15.11.07]
->   science.ORF.at-Archiv zum Thema Stereotypen
 
 
 
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01.01.2010