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Schlechtere Bildung verkürzt die Lebenserwartung  
  Armut macht krank - nicht nur in Entwicklungsstaaten, sondern auch in Österreich. Menschen mit niedrigem sozio-ökonomischen Status leben ungesünder, werden häufiger krank und sterben früher.  
Der Fonds Gesundes Österreich hat Experten und Mediziner aus Österreich, Deutschland und England zu einer Tagung nach Wien geladen. Ein wichtiger Angelpunkt ist laut Experten die Bildung.
Je weniger gebildet, desto kränker
Daten des Fonds Gesundes Österreich zeigen, dass doppelt so viele Pflichtschul- wie Hochschul-Absolventen chronisch krank sind. Und nur 28 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher mit Pflichtschul-Abschluss haben keine gesundheitlichen Beschwerden; bei den Uni-Absolventen sind es glückliche 41 Prozent.
Mehrfacher Nutzen von Bildung
Bildung fördert Gesundheit mehrfach: durch Wissen um Symptome und Risikofaktoren; weniger Scheu vor Medizin - und letztlich auch durch höheres Einkommen, fasst die Gesundheitswissenschaftlerin von der Berliner Chartité, Birgit Babitsch, in Radio Österreich 1 zusammen:

"Bildung beeinflusst z.B. den Lebensstil stark. Wir sehen z.B. große Bildungsunterschiede, was das Rauchen anlangt. Sie hat aber auch einen Einfluss darauf, wie Menschen Hilfe suchen. So zeigt sich in Deutschland, dass Menschen mit niedriger Bildung eher beim Allgemeinmediziner bleiben, während Menschen mit hoher Bildung eher den Facharzt aufsuchen und auch direkter fragen, was sie selbst tun können, und vielleicht auch kritischer sind, was die Aussagen des Arztes bzw. der Ärztin betrifft.

Bildung hat aber natürlich auch eine dramatischen Einfluss auf alles, was man später an Sozialstatus erwerben kann: Mit niedriger Bildung hat man einfach schlechtere Chancen, eine hohe berufliche Stellung zu bekommen oder ein hohes Einkommen."
Zu wenig Wissen um Risiko?
Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel: Das sind die klassischen Risikofaktoren für Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Beschwerden. Hier zeigt sich laut Fonds Gesundes Österreich: Je weniger gebildet, desto ungesünder der Lebensstil.

Extrem und krankhaft fettleibig sind beispielsweise 52 Prozent der Frauen mit Pflichtschul-Abschluss, aber nur 28 Prozent der Frauen mit Uni-Abschluss.
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1.030.000 Menschen armutsgefährdet
Als armuts- und damit auch gesundheitsgefährdet gilt eine Million Österreicherinnen und Österreicher. Zu den besonders betroffenen Gruppen zählt der Fonds Gesundes Österreich: allein stehende Pensionistinnen und Pensionisten, kinderreiche Haushalte, Alleinerzieherinnen, Migrantinnen und Migranten und Bezieher von Sozialleistungen. Die Expertinnen geben zu bedenken, dass Kürzungen im Sozialbereich die Kluft bzw. die soziale Ungleichheit vergrößern.
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Geringere Lebenserwartung
Ungesunder Lebensstil und die höhere Zahl chronischer Erkrankungen sind ein buchstäblich tödlicher Mix: Ein heute 35-jähriger Österreicher mit Pflichtschulkarriere hat laut Statistik Austria eine Lebenserwartung von 75,2 Jahren; ein gleichaltriger Akademiker kommt auf 81,4 Jahre.

Bei Frauen ist die Spanne in der Lebenserwartung nicht ganz so groß: Gut ausgebildete Frauen leben durchschnittlich 84,4 Jahre, schlechter gebildete 81,6 Jahre.
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Armut macht Frauen krank
Armut macht krank - das treffe für Frauen übrigens stärker zu als für Männer, sagt die Wiener Gesundheitspsychologin Hilde Wolf auf Radio Österreich 1:

"Wie sehen an den Zahlen für Wien und Österreich, dass Frauen, die wenig gebildet sind, wenig Einkommen haben, gering qualifiziert oder geringer Schulbildung haben, stärker an Krankheiten leiden als Männer."
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Gefährdete Gruppen bewusst aufsuchen
Die üblichen Strategien zur Gesundheitsförderung sprechen vor allem mittlere und obere soziale Schichten an, meinen die Expertinnen Wolf und Babitsch; die bestehende Kluft zwischen Arm und Reich werde letztlich vergrößert. In Wien suchen Vorsorge-Projekte daher zum Beispiel sozial benachteiligte Frauen bewusst in ihrem Alltag auf, sagt die Psychologin Hilde Wolf vom Frauengesundheitszentrum FEM Süd:

"Wir haben im FEM Süd einen Schwerpunkt in der Arbeit mit Migrantinnen ¿ wir gehen dorthin, wo die Frauen sind: in Deutschkurse, Moscheen, Frauenvereine."

Barbara Daser, Ö1 Wissenschaft, 16.11.07
->   Fonds Gesundes Österreich
->   Frauengesundheitszentrum FEM
Mehr zum Thema in science.ORF.at:
->   Armut wird als Faktor für Übergewicht immer wichtiger (24.5.07)
->   Das ganz alltägliche Elend (Werner Lenz, 23.2.04)
 
 
 
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01.01.2010