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Hurrikane: Zerstörte Bäume als Klimakiller  
  Der Hurrikan Katrina hat im August 2005 320 Millionen Bäume in den südöstlichen Staaten der USA vernichtet, berichten US-Forscher. Dadurch gelangten 100 Millionen Tonnen Kohlenstoff in die Atmosphäre - in Form des Treibhausgases CO2. Die Klimaforscher befürchten einen Rückkoppelungseffekt.  
Wälder mit Pufferwirkung
Von 1980 bis zum Jahr 2000 wanderte rund die Hälfte aller CO2-Emissionen in die Atmosphäre. Die andere Hälfte wurde von den Ozeanen und der Vegetation an Land geschluckt. "Senken" nennen Fachleute solche Regionen mit klimatischer Pufferwirkung.

Die Wälder dieser Welt etwa entziehen der Atmosphäre jährlich ein bis zwei Milliarden Tonnen an Kohlenstoff und speichern ihn als Biomasse, vornehmlich in Form von Holz. Der Anteil der USA an dieser globalen Senke ist nicht unbeträchtlich. Er beträgt Schätzungen zufolge mindestens 300 Millionen Tonnen.

Doppelt unangenehm daher, dass der Hurrikan Katrina, bekannt vor allem durch die Zerstörung von New Orleans im August 2005, auch weite Teile der Vegetation um den Golf von Mexiko in Mitleidenschaft gezogen hat.
Aus "sink" wird "source"
 
Bild: GOES 12 Satellite, NASA, NOAA

Jeffrey Q. Chambers von der Tulane University in New Orleans hat nun das Ausmaß der Zerstörung anhand von Satellitenfotos bestimmt (Science, Bd. 318, S. 1107). Die Zahlen sind relativ schockierend: Katrina vernichtete bei seiner Wanderung durch die Golfregion 320 Millionen Waldbäume. Das dürfte zu einer Umkehrung der bisherigen Verhältnisse führen. "Der Verlust so vieler Bäume wird die Wälder in Summe zu einer Quelle von Kohlendioxid machen. Und zwar für einige Jahre", sagt Chambers.

Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe. Zerstörte Bäume betreiben trivialerweise keine Photosynthese und fallen daher als Biomasseproduzenten aus. Viel wichtiger indes dürfte das viele tote Holz sein. Die Gerüstsubstanzen des Holzes, Lignin und Zellulose, sind hochmolekulare Kohlenstoffverbindungen. Werden sie von Mikroorganismen abgebaut, entsteht daraus unter anderem wieder CO2, das in die Atmosphäre gelangt.
Rückkoppelungseffekt?
Chambers und seine Kollegen haben berechnet, dass zusätzliche 100 Millionen Tonnen Kohlenstoff in den globalen Kreislauf eingespeist werden - das entspricht 50 bis 140 Prozent der gesamten Jahresaufnahme US-amerikanischer Wälder. "Der Kohlenstoffkreislauf ist mit fast allem verbunden, was wir tun. Vom Energieverbrauch über das Essen bis hin zum Holzverbrauch", so Chambers.

"Je mehr Kohlenstoff durch menschliche Aktivitäten in die Atmosphäre gelangt, desto wärmer wird es und desto intensiver wird der globale Wasserkreislauf. Das führt zum Auftreten von noch stärkeren Stürmen, die noch mehr Bäume zerstören und so die globale Erwärmung weiter vorantreiben." Anders ausgedrückt: Wir haben es womöglich mit einer fatalen Rückkoppelung zu tun.
Stürme nicht notgedrungen stärker
Allerdings gibt es ein schwaches Glied in dieser Argumentationskette. Dass die Zunahme der globalen Temperatur tatsächlich zu mehr oder stärkeren Stürmen führt, ist keineswegs ausgemacht. Christoph Matulla von der Zentralanstalt für Meteorologie in Wien hat etwa kürzlich nachgewiesen, dass es gegenwärtig in Mitteleuropa weniger stürmt als noch vor hundert Jahren (Climate Dynamics, Online-Veröffentlichung). "Was atlantische Stürme betrifft, können wir noch keinen menschlichen Einfluss nachweisen."

Bei Tropenstürmen wie Katrina sei dieser Einfluss zwar wahrscheinlicher, sagte Matulla gegenüber science.ORF.at: "Intuitiv kann man zwar einen Zusammenhang zwischen Ozeantemperatur und Hurrikanen vermuten, allerdings fehlen uns zur Zeit noch brauchbare Aussagen der Klimamodelle. Ganz im Gegensatz zum menschlichen Einfluss auf die globale Temperatur - der ist sehr wohl gesichert."

Robert Czepel, science.ORF.at, 16.11.07
->   Hurrikan Katrina - Wikipedia
->   Tulane University
->   Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik
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->   Sturmexperten erwarten ruhigere Hurrikan-Saison
->   Wirbelstürme waren früher häufiger
->   Klimaerwärmung könnte Zahl der Hurrikane senken
 
 
 
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01.01.2010