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Marburg-Virus wurde vor 40 Jahren entdeckt  
  Im August 1967 wurde in Marburg ein Erreger entdeckt, der seine Opfer qualvoll verbluten lässt. Bis heute gibt es gegen das von Affen aus Uganda eingeschleppte Marburg-Virus keine schützenden Impfstoffe.  
"Nur die Symptome können mit Medikamenten zur Stützung des Kreislaufs und des Gerinnungssystems gelindert werden", sagt der Direktor des Marburger Instituts für Virologie, Hans-Dieter Klenk. Etwa jede fünfte Infektion endet tödlich.
Blutgefäße lösen sich auf
Zum Forscherteam, das in den Wochen nach dem Ausbruch 1967 fieberhaft nach dem rätselhaften Erreger suchte, gehörte Werner Slenczka. "Es war schnell klar, dass es sich um einen völlig neuen Erreger handelt, da bekannte Erreger wie Fleckfieber oder Typhus ausgeschlossen werden konnten", erinnert sich der 72-Jährige. Slenczka arbeitete damals als medizinischer Forschungsassistent an der Universität Marburg.

Es war ein ziemlich heißer Sommer, als die mysteriöse Krankheit in Marburg erstmals ausbrach. Die Erkrankten klagten über Grippesymptome wie Kopf- und Gliederschmerzen und hatten hohes Fieber. "Es schien am Anfang wie eine Sommergrippe", sagt Slenczka.

Bald wurden die Blutgefäße der Patienten durchlässig, ihr Gewebe löste sich regelrecht auf und es kam zu inneren Blutungen. Fünf der 24 Erkrankten in Marburg starben innerhalb weniger Tage an dem sogenannten hämorrhagischen Fieber.
Ansteckung durch Affen
Alle Opfer hatten ebenso wie die Mehrzahl der Erkrankten in den Marburger Behring-Werken gearbeitet. Sie alle waren mit Blut oder Organen von Grünen Meerkatzen aus Afrika in Kontakt gekommen, einer Affenart, die das Pharmaunternehmen damals zur Herstellung eines Impfstoffs gegen Kinderlähmung nutzte.

In der idyllischen Universitätsstadt an der Lahn machte sich Panik breit. Die Medien berichteten von der rätselhaften "Marburger Affenkrankheit". "Um die Häuser von Erkrankten machten viele große Bögen", sagt Slenczka. Wie sich später herausstellte - völlig umsonst: Denn das Virus wird ähnlich wie der Aidserreger HIV und das Lebervirus Hepatitis B über direkten Kontakt mit Blut oder Schleimhäuten von Infizierten übertragen.

"Nach wochenlangen Forschungen konnten wir um den 20. November 1967 herum sagen, dass die Affen die Importeure des Erregers waren", sagt der emeritierte Virologie-Professor Slenczka. Das Team mit Slenczka hatte Blut von Infizierten in die Lebern von Meerschweinchen gespritzt und so den lebensbedrohlichen Erreger nachgewiesen. Das Hamburger Tropeninstitut fertigte elektronenmikroskopische Bilder an, die den stäbchenförmigen Erreger zeigten.
Überträger erst vor kurzem entdeckt
Erst rund 40 Jahre nach dem ersten Auftreten des Marburg-Virus wurde das mutmaßliche Wirtstier entdeckt. "Nach einer Studie von diesem Jahr verdichten sich die Hinweise darauf, dass das Wirtstier der Nilflughund, eine Fledermausart, ist", sagt Klenk.

In Afrika gab es die bisher schlimmsten Epidemien durch den Marburg-Erreger, der mit dem später entdeckten Ebola-Virus verwandt ist: 2005 starben in Angola laut Klenk mehrere hundert Menschen, auch in Uganda und im Kongo sei das Marburg-Virus aufgetreten und habe Menschen innerlich verbluten lassen.

Das Marburg-Virus wurde in der Stadt, in der es zum ersten Mal beobachtet wurde, Ausgangspunkt für umfangreiche Forschungen mit gefährlichen Viren. In Marburg wird auch über Ebola, Sars, Lassa und Influenza geforscht. "Nur im Hamburger Tropeninstitut und in Marburg gibt es sogenannte L4-Labore", sagt Klenk.

In diesen Laboren wird unter der höchsten Sicherheitsstufe vier an hoch ansteckenden und tödlichen Viren geforscht. Noch in diesem Jahr soll in Marburg ein neues L4-Labor in Betrieb gehen. Auf der Fassade des Gebäudes sind vergrößerte Marburg-Viren abgebildet.

[science.ORF.at/dpa, 20.11.07]
->   Marburg-Virus - Wikipedia
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->   Angola: Schon 200 Tote durch Marburg-Virus
 
 
 
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01.01.2010