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Entlohnung: Vergleich macht Männer glücklich  
  Es ist nicht nur die absolute Höhe des Lohns, die Menschen glücklich macht. Auch der Vergleich mit anderen spielt eine Rolle. Wer Aufgaben genauso erfolgreich erledigt, aber mehr Geld dafür bekommt als andere, freut sich auch mehr.  
Das gilt zumindest für Männer und Angehörige des westlichen Kulturkreises. Bei ihnen beweisen Gehirn-Scans, dass das Belohnungsareal im Gehirn stärker aktiviert ist, wenn andere für gleiche Leistungen weniger Geld bekommen.

Über die entsprechenden Experimente berichtet eine Forschergruppe um den Wirtschaftswissenschaftler Armin Falk von der Universität Bonn.
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Die Studie "Social Comparison Affects Reward-Related Brain Activity in the Human Ventral Striatum" ist in "Science" (Bd. 318; S. 1306 22.11.07) erschienen.
->   Abstract der Studie
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Echte Untersuchung des fiktiven "Homo oeconomicus"
Die Forscher haben nach Eigenangaben den "Homo oeconomicus" untersucht. Also jenen Menschen, der ausschließlich nach rationalen Kriterien handelt und seinen eigenen ökonomischen Vorteil maximiert. Im täglichen Leben könnte ein solcher Mensch zwar nicht existieren, als Modell ist er in den Wirtschaftswissenschaften aber grundlegend.

In Gestalt männlicher Probanden wurden nun seine Gehirnreaktionen überprüft. Die konkrete Versuchsanordnung: Insgesamt 38 Männer wurden paarweise in nebeneinander aufgebaute Magnetresonanztomographen gelegt und hatten simultan eine einfache Aufgabe zu erledigen.

Sie mussten die Anzahl von Punkten auf einem Computerschirm schätzen. Wenn sie richtig lagen, bekamen sie eine finanzielle Belohnung zwischen 30 und 120 Euro. Den Probanden wurde auch mitgeteilt, wie der jeweilige Partner abgeschnitten und wie viel Geld er dafür bekommen hat.
Aktivierung des Belohnungszentrums ...
Während des gesamten Procederes maß der Tomograph den Blutfluss im Gehirn der Probanden und somit die Aktivität in den verschiedenen Hirnregionen.

Das Ergebnis: Im ventralen Striatum, das gemeinhin als das "Belohnungszentrum" des Gehirns gilt, zeigte sich bei der erfolgreichen Absolvierung der Aufgabe eine besonders hohe Aktivität. Bei falschen Antworten hingegen reagierte der Gehirnabschnitt viel weniger.

Am auffälligsten war laut den Forscher aber der Zusammenhang mit der Leistung des anderen Studienteilnehmers. Am meisten "freute sich" das Belohnungszentrum nämlich dann, wenn die eigene Antwort korrekt war, aber die des Partners falsch.
... richtet sich nach Entlohnung des anderen
Um den Zusammenhang mit den "anderen" genauer zu klären, untersuchten die Forscher dann jene Fälle genauer, bei denen beide die Aufgabe korrekt gelöst hatten. Dabei zeigte sich ein sehr ähnliches Aktivierungsniveau des ventralen Striatum, wenn beide die gleiche Menge Geld bekommen haben.

Wenn aber der eine etwa 120 Euro bekam, und der andere bloß die Hälfte, war das Belohnungszentrum des ersteren deutlich stärker aktiviert. Umgekehrt verhielt es sich mit der Belohnungsfreude des zweiten: Sie fiel bescheiden aus, obwohl auch er die Frage richtig beantwortet hatte.
Widerspruch zu ökonomischer Theorie
"Dieses Ergebnis steht im klaren Widerspruch zur traditionellen ökonomischen Theorie", betonte der Ökonom Armin Falk in einer Aussendung der Uni Bonn.

"Danach sollte es nur auf die absolute Höhe der Belohnung ankommen. Der Vergleich mit anderen sollte dagegen für die Motivation keine Rolle spielen." Es sei das erste Mal, dass diese These mit Hilfe eines derartigen Experiments widerlegt werde.
Nur bei Männern?
Dass der Vergleich mit der Leistung von anderen nachweisbar die Einschätzung des eigenen Erfolgs bestimmt, gilt zumindest für die untersuchten Probanden: Männer und Angehörige des westlichen Kulturkreises. "Zumindest Männer scheinen eine große Motivation aus dem Wettbewerb zu ziehen", erläuterte der Neurowissenschaftler Bernd Weber.

Dass vielleicht auch sozioökonomische, kulturelle oder Faktoren des Geschlechts eine Rolle spielen, räumen die Forscher ein. Und wollen möglichen Unterschieden in kommenden Experimenten auf die Spur kommen.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at, 22.11.07
->   Armin Falk, Universität Bonn
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Das Gehirn zahlt gerne Steuern (15.6.07)
->   Ökonomie-Studie: Standardlöhne fördern Leistungen (20.11.06)
 
 
 
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01.01.2010