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Neues Aids-Medikament in Österreich erhältlich  
  Mit Maraviroc gibt es ab Dezember in Österreich ein neues Aids-Medikament. Es blockiert Korezeptoren an der Oberfläche der T-Lymphozyten, über die sich das HI-Virus in die Zellen hineinhievt.  
"Es handelt sich um das erste Medikament, das sozusagen auf der Seite des Patienten ansetzt. Die bisherigen Aids-Medikamente hemmen das Virus selbst", sagte der Vizepräsident der Abteilung für die Suche nach neuen chemischen Verbindungen beim Pharmakonzern Pfizer, Tony Wood.
Alternative zu HAART-Therapie
Der Hintergrund: Die im Rahmen der hoch aktiven Aids-Therapie (HAART) bisher eingesetzten Medikamente wirken im Grunde genommen an drei Stellen des Virus. Sie blockieren Protease bzw. Polymerase-Enzyme der Aids-Erreger oder verhindern durch Hemmung des Glykoproteins 41 an der Oberfläche der Viren das Verschmelzen von Virus und seinen Zielzellen.

Bei dem US-Pharmakonzern allerdings zäumte man das sprichwörtliche Pferd von der anderen Seite auf.

Wood: "Es gab die Beobachtung, dass Personen ohne CCR5- oder CXCR-4-Korezeptoren an der Oberfläche ihrer T-Zellen ganz oder zumindest teilweise vor HIV geschützt waren. Bei Pfizer entstand deshalb Mitte der 90er Jahre die Überlegung, ob man nicht durch ein Medikament dieses Fehlen von Korezeptoren in Form ihrer Blockade künstlich nachahmen könnte.
Kommt für 80 Prozent der HIV-Infizierten in Frage
HIV benötigt für das Eindringen in Zellen des Immunsystems auf jeden Fall die CD4-Rezeptoren an deren Oberfläche und benutzt daneben auch einen der beiden Co-Rezeptoren: CCR5 oder CXR4.

Wood: "Wir haben eine Million verschiedener Substanzen durchgescreent. Schließlich kamen wir zu Leitsubstanzen, die weiterentwickelt wurden." Daraus wurde schließlich der Wirkstoff von Maraviroc ("Celsentri"). Die Substanz blockiert CCR5. Das Medikament wirkt daher ausschließlich, wenn der Patient HI-Viren in sich trägt, die diesen Korezeptor benutzen.

Praktisch alle HI-Viren, die sexuell übertragen werden, gehören zu dieser Gruppe. Etwa 80 Prozent der HIV-Infizierten weisen am Beginn der Infektion vor Beginn einer Behandlung diesen Virustyp auf.
Positive Studien
Die Studienergebnisse waren positiv: Nach der Einnahme von zweimal 300 Milligramm des Medikaments pro Tag über 24 Wochen hinweg (zusätzlich zu weiteren Aids-Medikamenten) hatten mit 61 Prozent mehr als doppelt so viele Patienten weniger als 400 HI-Viren pro Milliliter Blut als in der Placebo-Gruppe (22,5 Prozent). Gar unter 50 Virus-Kopien kamen 45 Prozent der wirklich Behandelten (Placebo: 23 Prozent).

Allerdings, vor Aufnahme der Therapie mit dem neuen Medikament muss durch einen Labortest auch sichergestellt sein, dass der Patient auch HI-Viren in sich trägt, die eben den CCR5-Korezeptor auf den T-Zellen ansteuern.

Wood: "Bei den Nebenwirkungen lag Maraviroc auf dem Niveau von Placebo."

[science.ORF.at/APA, 27.11.07]
->   Pfizer
->   Genaue Informationen über Maraviroc (EMEA; pdf-Datei)
 
 
 
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01.01.2010