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Hirnforscherin: Einschulung frühestens ab Vier  
  Wann ist der ideale Zeitpunkt zur Einschulung von Kindern aus Sicht der Gehirnforschung? Die Kognitionspsychologin Elsbeth Stern von der ETH Zürich sagt: frühestens mit vier Jahren.  
"Hirngerechte und kulturgerechte" Mathematik
"Es gibt fünf Vögel und nur drei Würmer. Wie viele Vögel bekommen keinen Wurm?" Diese Frage können rund 96 Prozent der Kinder vor dem Schuleintritt lösen. Fragt man aber, wie viel mehr Vögel als Würmer es gibt, dann treffen nur etwa 25 Prozent der Kinder ins Schwarze.

Der Grund dafür sei der "Sprung von hirngerechter Mathematik zur kulturgerechten", erklärte Stern. "Diesen Sprung muss man in Primarschulen anbieten."

Schülern müsste man demnach nicht möglichst einfache, sondern auch schwere Aufgaben vorlegen - dies sei z. B. in Deutschland in der Vergangenheit oft verabsäumt worden.
Säuglinge in Sprachschulen sind sinnlos
Den vierten Geburtstag sah die Lehr-Lernforscherin als sinnvollen Einschulungstermin "in eine Art Schule", denn erst ab diesem Alter sei dem Gehirn eine Perspektivenübernahme möglich. Davon, bereits Säuglinge in Sprachschulen zu stecken, hält Stern nicht viel.

"Man soll nicht glauben, dass man Kinder durch eine intelligente Umgebung Intelligenz geben kann, die die Biologie noch gar nicht vorbereitet hat."

Kindern fehle noch Wissen: "Man merkt sich umso mehr, desto mehr man im jeweiligen Bereich schon weiß. Auch entwickelt sich das Arbeitsgedächtnis, das uns Planung und Strategien ermöglicht, erst im Jugendalter."
Lieber beiläufige Sprachspiele
Kinder würden z. B. das Sprachwissen, das ihnen die Umwelt anbietet, bewusst nur zum Teil nützen und sich von Ein-Wort-Sätzen vorarbeiten, meinte Stern. Es sei wichtig, anschlussfähiges Wissen anzubieten: Statt Kinder früh in Sprachschulen zu stecken, sollte man sie beiläufig und regelmäßig in Sprach- und Kommunikationsspiele einbinden.
Den idealen Lehrer gibt es nicht
"Lehrpersonen können nur indirekt durch Lernerfahrung auf das Gehirn einwirken. Das muss man sich klar machen", so die Psychologin. Dabei sei es wichtig, dass Lehrer lernen, "wie man einen guten Unterricht macht".

Es gehe darum, verschiedene Repräsentationssysteme zu nutzen, die Möglichkeit zu bieten, Wissen in Gesprächen konstruieren und in verschiedenen Kontexten anwenden zu können, "und nicht nur Merksätze zu lernen oder nur über Versuch und Irrtum vorzugehen".

Den Prototypen von einer guten Lehrerpersönlichkeit und die einzig richtige Methode gebe es nicht.

[science.ORF.at/APA, 27.11.07]
->   Elsbeth Stern, ETH Zürich
->   Initiative Gehirnforschung Steiermark
 
 
 
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01.01.2010