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Wespen machen aus Kakerlaken "Zombies"  
  Durch einen gezielten Stich ins Gehirn macht eine tropische Wespenart Kakerlaken zu ihren willenlosen Sklaven und führt sie in den sicheren Tod. Israelische Forscher konnten nun zeigen, mit welchem Trick das viel kleinere Tier die Schabe lahm legt.  
Die Juwelwespe blockiert mit ihrem Gift offenbar chemische Botenstoffe, die das Verhalten des Opfertieres steuern. Davon berichten die Wissenschaftler der Ben-Gurion-Universität des Negev in der Mitte Dezember erscheinenden Ausgabe des "Journal of Experimental Biology".
Noch lebendig, aber willenlos
Die Heimat der Wespenart Ampulla compressa sind die tropischen Regionen von Afrika, Indien und den pazifischen Inseln. Deutlich größere Kakerlaken dienen ihr als Nahrungsmittel und versorgen vor allem die hungrigen Larven.

Üblicherweise betäuben räuberische Insekten ihre Beute, bevor sie sie essen oder in ihren Bau schleppen. Ampulla compressa hingegen hat einen Weg gefunden, sich die Arbeit des Tragens zu ersparen. Ähnlich einem Zombie kann die gestochene Schabe zwar noch gehen, hat aber keine Kontrolle über ihre eigenen Bewegungen.
Von der Larve verzehrt
 
Bild: Frederic Libersat

Der Stich der Wespe

Nach dem Stich führt die Juwelwespe ihr willenloses Opfer an ihrem Fühler wie "einen Hund an der Leine", so der Wissenschaftler Frederic Libersat, der sich bereits seit Jahren mit dem etwas grausam anmutenden Verhalten des Tiers beschäftigt.

Sobald die beiden das Nest erreicht haben, legt die Wespe ein Ei auf den Bauch der fügsamen Kakerlake. Ist die Larve geschlüpft, wird das bedauernswerte Opfer schließlich von dieser verzehrt.
->   Film (39 MB, mpg-Datei)
Wespengift blockiert Neurotransmitter
 
Bild: Frederic Libersat

Die Kakerlake an der "Leine"

In ihren aktuellen Experimenten wollte das Team rund um Libersat nun herausfinden, mit welchen Mitteln das Tier seine Beute tatsächlich unter seine Kontrolle bringt. Im Normalfall stechen die Juwelwespen zweimal: Der erste Stich dient lediglich dazu, die Beute zu überwältigen. Der zweite allerdings zielt präzise auf das Hirn der Kakerlake.

Die Hypothese der Wissenschaftler: Das Gift der Wespe blockiert einen wesentlichen chemischen Botenstoff, nämlich Octopamin. Der Neurotransmitter spielt bei Vorbereitung, Ausführung und Steuerung von komplexen Verhaltensweisen eine zentrale Rolle.
"Wiederbelebung" durch Gegenmittel
Um ihre Theorie zu überprüfen, injizierten die Forscher der bereits gestochenen Schabe ein Präparat, welches die Octopamin-Rezeptoren im Zentralnervensystem des Insekts wieder aktiviert. Damit gelang es ihnen, das Opfer aus seinem "Zombiezustand" zu befreien. Es konnte wieder eigenständige Bewegungen ausführen und musste nicht mehr fremdbestimmt gehen.

Zur zusätzlichen Untermauerung ihrer Theorie versuchten Libersat und sein Team, die Kakerlake gezielt in denselben willenlosen Status zu versetzten, indem sie ihr ein Mittel verabreichten, das ebenfalls die Octopamin-Rezeptoren blockiert. Das Tier reagierte tatsächlich ganz ähnlich, wie auf das Gift der Wespe.

[science.ORF.at, 30.11.07]
->   Journal of Experimental Biology
->   Juwelwespe (Wikipedia)
->   Octopamin (Wikipedia)
->   Frederic Libersat
->   Ben-Gurion-Universität des Negev
Mehr zu Wespen in science.ORF.at:
->   Wespen verteidigen sich mit "Pfefferspray"(21.11.06)
->   Wespen trampen auf Schmetterlingen (17.2.05)
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01.01.2010