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Artemisia: Das Malariamedikament aus dem Garten  
  Artemisinin wird nicht nur für Malariamedikamente verwendet. Die Pflanze Artemisia wurde schon im alten China medizinisch verwendet. Bauern in Afrika sollen das Kraut anbauen und aus den Blättern Tee kochen.  
Die Malariamedizin wächst etwa im Garten der Familie von Elfinesh Achemo, einem Bauern in Äthiopien, aber auch vor zahlreichen weiteren Hütten in Sodo. Sodo ist ein "Millenniumsdorf" der Deutschen Welthungerhilfe, in dem - wie in vielen weiteren - Menschen zum Anbau von Artemisia motiviert werden.
Schnelle Gesundung mit dem Tee
"Ich muss eine Tasse Blätter mit einem Liter Wasser aufkochen", schildert eine Bäuerin aus Sodo. "Dieser Tee muss drei- bis fünfmal täglich getrunken werden, eine Woche lang." Ihre Mutter Shemsia nickt energisch. "Seit wir Artemisia haben, haben wir keine Probleme mit Malaria mehr", sagt sie.

"Vorher waren wir oft krank, und haben unter dem Fieber gelitten. Aber mit diesem Tee werden wir schnell wieder gesund." Sie verzieht den zahnlosen Mund zu einem breiten Lächeln. "Aber es ist eine bittere Medizin, für die Kinder müssen wir den Tee mit Honig süßen, damit sie ihn trinken."
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Eine Million Tote jährlich
Nicht nur in Äthiopien ist Malaria ein Problem. Weltweit sterben nach UN-Angaben jährlich mindestens eine Millionen Menschen an der Infektionskrankheit. Rund 300 Millionen Menschen erkranken jedes Jahr. Vor allem bei kleinen Kindern verläuft Malaria oft tödlich.
->   Malaria: Medikamente und Netze schützen Kinder (6.11.07)
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Medikamente mit Artemisia
"In Kenia und Tansania wird Artemisia inzwischen schon für die Pharmaindustrie angebaut", sagt Bernhard Meier zu Biesen, Regionaldirektor der Welthungerhilfe in Addis Abeba. Ein Malariamedikament verbindet den pflanzlichen Wirkstoff aus dem einjährigen Beifuß (Artemisia annua) mit weiteren Stoffen.

Auf Sansibar hat ein Prophylaxeprogramm mit dem Medikament bereits gute Erfolge gezeigt - die Zahl der an Malaria gestorbenen Kinder ging innerhalb weniger Jahre auf ein Viertel der bisherigen Todesfälle zurück.
Auch Hilfe gegen Magenprobleme
"Das Medikament ist natürlich ein großer Fortschritt, gerade weil die Malaria-Erreger bereits Resistenzen gegen die meisten herkömmlichen Malariamedikamente entwickelt haben", sagt Meier zu Biesen.

"Aber wir ermutigen die Bauern, Artemisia anzubauen, weil die Pflanze noch eine Reihe von anderen Heilwirkungen hat." So sei Artemisia auch bei Magenproblemen wirksam.
Wissen geriet in Vergessenheit
Mit der Nutzung des Wirkstoffs Artemisinin gegen Malaria greifen Pharmaindustrie wie die afrikanischen Bauern auf jahrhundertealte Traditionen zurück. Denn schon im alten China wurde Artemisia zur Bekämpfung von Malaria eingesetzt.

Doch das in 2000 Jahre alten Lehrbüchern dokumentierte Wissen geriet lange in Vergessenheit. Erst in den 1960er Jahren erforschten chinesische Wissenschaftler erneut die Wirkung des "Wurmholzes".
Warnungen vor unkontrolliertem Gebrauch
Es gibt jedoch auch Warnungen. Wissenschaftler fürchten, ein unkontrollierter Gebrauch von Artemisinin mache das Medikament unwirksam. Erste Resistenzen wurden bereits gefunden, warnten Forscher des Louis-Pasteur-Instituts nach Untersuchungen unter anderem in Senegal und Kambodscha.

Als zentrale Maßnahme im Kampf gegen Malaria gilt der Weltgesundheitsorganisation (WHO) daher die Vermeidung einer Infektion mit dem Malaria-Parasiten, der von bestimmten Stechmücken übertragen wird. Mit Insektengift imprägnierte Moskitonetze gelten als entscheidende Waffe gegen Malaria.

Eva Krafczyk/dpa, 5.12.07
->   Deutsche Welthungerhilfe
->   Das Stichwort Malaria im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010