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Delfine werben um Partnerin mit Seegras im Maul  
  Wenn Männer Frauen Blumen bringen, ist die Absicht zumeist eindeutig. Dass sich auch Delfine nicht viel anders verhalten, berichten nun Tierforscher. Unterschied: Sie werben mit Seegras im Maul um ihre Partnerin.  
Was man früher als harmlose Spielerei der Meeressäuger abtat, halten Tony Martin vom Britischen Polarforschungsprogramm in Cambridge (BSA) und Vera da Silva vom Nationalen Institut für Amazonasforschung in Brasilien (INPA) eindeutig für ein sexuelles Zeichen.

Die Tiere könnten somit auch zum "Klub der kulturfähigen Lebewesen" gehören, in dem sich bisher nur die Menschen und Primaten befinden.
Kollegen anfangs skeptisch
"Das ist wirklich sehr ungewöhnlich. Viele meiner Kollegen waren anfangs sehr skeptisch, als ich ihnen von der Idee erzählt habe, mittlerweile sind die Beweise aber überwältigend", meinte Tony Martin.

Wie die Wissenschaftszeitschrift "New Scientist" berichtet, will er die Arbeit diese Woche bei einer Konferenz der Gesellschaft für Meeressäuger in Kapstadt/Südafrika vorstellen.
->   Konferenz: Society for Marine Mammology
220 Gruppen mit Seegrasträgern ausgemacht
 
Bild: Tony Martin, British Antarctic Survey

Martin und da Silva haben drei Jahre lang über 6.000 Delfingruppen in dem brasilianischen Naturschutzpark Mamiraua untersucht. Bei 221 von ihnen entdeckten sie zumindest ein Tier, das ein Objekt trug - entweder Seegras, ein Stück Holz oder Erdklumpen.

Die Forscher fanden heraus, dass es sich dabei meistens um männliche Exemplare handelte. Weibchen und junge Delfine wurden beim Seegrastragen hingegen nur äußerst selten gesichtet.

Das Verhalten schien sich auf die Situation in der Gruppe auszuwirken: Aggressive Handlungen zwischen ausgewachsenen männlichen Tieren waren in Gruppen mit Objektträgern 40 Mal wahrscheinlicher als in den anderen Gruppen.
Sind erfolgreichere Väter
Aus diesen Beobachtungen schließen sie, dass es sich dabei nicht um ein bloßes Spiel der Delfine handelt, sondern um den Versuch um Partnerinnen zu werben.

Unterstützt wird diese These von Genanalysen, die das Verwandtschaftsverhältnis der Tiere aufzeigen: Sie zeigen, dass sich unter den Objektträgern einige der "erfolgreichsten" Väter befinden.

Auch wenn diese Studien noch nicht abgeschlossen sind, zeigt sich Martin von den Zusammenhängen überzeugt.
Kulturfähig?
Er betont auch den Umstand, dass das Verhalten bei Delfingruppen entdeckt wurde, die in keinem Austausch mit anderen gestanden sind.

Martin glaubt, dass Delfine "kulturfähig" sind - d.h. dass sie in der Lage sind, komplexes Verhalten zu erlernen und sozial an ihre Artgenossen weitergeben zu können.

[science.ORF.at, 6.12.07]
->   British Antarctic Survey
->   INPA
->   New Scientist
->   science.ORF.at-Archiv über Delfine
 
 
 
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01.01.2010