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Erste Therapie mit künstlichen Stammzellen  
  In der Stammzellenforschung geht es zurzeit Schlag auf Schlag: Vor zwei Wochen berichteten Forscher, dass es erstmals gelungen sei, menschliche Hautzellen in Stammzellen umzuwandeln. Nun wurde erstmals eine Therapie mit diesen künstlichen "Alleskönnerzellen" präsentiert: Eine Blutkrankheit konnte erfolgreich behandelt werden, vorerst allerdings nur bei Labormäusen.  
Bevor eine vergleichbare Therapie beim Menschen infrage kommt, müsse die Sicherheit der Anwendung verbessert und geprüft werden, betonte eine Gruppe um den Deutschen Rudolf Jaenisch vom Whitehead-Institut für biomedizinische Forschung in Cambridge/Massachusetts.
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Die Studie "Treatment of Sickle Cell Anemia Mouse Model with iPS Cells Generated from Autologous Skin" ist online in "Science" (doi: 10.1126/science.1152092; 6.12.07) erschienen.
->   Abstract der Studie
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Induzierte pluripotente Stammzellen
Erst vor kurzem hatten mehrere Forschergruppen berichtet, dass sich normale Hautzellen durch den Einbau weniger Gene in Zellen verwandeln lassen, die in ihren Eigenschaften den begehrten embryonalen Stammzellen stark ähneln.

Sie lassen sich unbegrenzt vermehren und in jeden beliebigen Zelltyp weiterentwickeln - Eigenschaften, die Mediziner nutzen möchten, um kranke Zellen oder Gewebe nachzuzüchten und zu ersetzen.

Ob die von den Forschern induzierte pluripotente Stammzellen (iPS) getauften Zellen tatsächlich dazu in der Lage sind, war allerdings bislang unklar.
Gentechnik plus künstliche Blut- und Immunzellen
 
Bild: Science/Tom di Cesare

Die Forscher um Rudolf Jaenisch untersuchten dies nun an Mäusen, die an einer Sichelzellanämie leiden. Die angeborene Erkrankung beruht auf einem Gendefekt und führt dazu, dass sich die roten Blutkörperchen verformen. Sauerstoffarmut und schwere Organschäden sind die Folge.

Die Wissenschaftler programmierten zunächst Bindegewebszellen aus dem Schwanz eines erkrankten Tieres in iPS-Zellen um. Dann reparierten sie den Gendefekt, indem sie eine gesunde Version des krankhaften Sichelzell-Gens in die Zellen einbauten.

Anschließend brachten die Forscher die iPS-Zellen dazu, sich in Vorläuferzellen verschiedener Blut- und Immunzellen zu verwandeln, und transplantierten diese Zellen schließlich in kranke Mäuse. Untersuchungen zeigten, dass sich die Gesundheit der Tiere deutlich verbesserte. Ihr Blutbild normalisierte sich, der Sauerstofftransport verbesserte sich, und die Tiere legten an Gewicht zu.
Gefahr der Entwicklung von Krebs
Eines der größten Probleme bei der Anwendung der iPS-Zellen besteht bisher in der Gefahr, dass die Zellen durch die Umprogrammierung zu Krebsauslösern werden können.

Wissenschaftler aus Japan und den USA hatten zwar vor kurzem berichtet, dass ein für die Umprogrammierung bisher benötigtes "Krebsgen" verzichtbar ist, ein Tumorrisiko bleibt jedoch bestehen, da auch die Gentherapie selbst ¬- also der Ersatz des krankhaften Gens ¬- Krebs auslösen kann.

Diese Probleme müssen gelöst werden, bevor die Methode an Menschen getestet werden kann, betonen Jaenisch und seine Gruppe.
->   Mehr dazu: Hautzellenverjüngung ohne Krebsgen (1.12.07)
Keine Abstoßung, ethisch unbedenklich
Ein großer Vorteil des Verfahrens liegt darin, dass dabei patienteneigene Zellen zum Einsatz kommen können. Abstoßungsreaktionen nach Transplantationen von Ersatzzellen oder Gewebe können dadurch vermieden werden.

Anders als bei echten embryonalen Stammzellen ist die Anwendung umprogrammierter Körperzellen außerdem ethisch unbedenklich, da dafür keine Embryonen zerstört werden müssen.

[science.ORF.at/APA/dpa, 6.12.07]
->   Stammzell-Tutorium (Universität Michigan)
->   Rudolf Jaenisch, Whitehead-Institut
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   "Jungbrunnen" macht aus Haut embryonale Stammzellen (20.11.07)
->   Pseudo-Stammzellen aus Mäuse-Haut gewonnen (6.6.07)
->   Mäusezellen werden zu embryonalen Stammzellen (25.8.06)
 
 
 
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01.01.2010