News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Warum schwangere Frauen nicht umkippen  
  Ein Bauchumfang von deutlich mehr als einem Meter ist am Ende einer Schwangerschaft keine Ausnahme. Dass hochschwangere Frauen dennoch aufrecht gehen können, verdanken sie einer speziellen Konstruktion der weiblichen Lendenwirbelsäule. Sie bleibt stabil, auch wenn die werdende Mutter die Wirbelsäule zum Ausgleich des Gewichts stärker durchdrückt.  
Laut US-Anthropologen war diese Anpassung an die Schwangerschaft ein wichtiges Element der Evolution des modernen Menschen. Denn wären Frauen, die früher viel öfter Nachwuchs erwarteten als heute, leichte Beute für Feinde gewesen, hätte die Zukunft des auf zwei Füßen gehenden Menschen möglicherweise nicht so rosig ausgesehen.
...
Die Studie "Fetal load and the evolution of lumbar lordosis in bipedal hominins" von Katherine Whitcome, Liza Shapiro und Daniel Liebermann ist am 13. Dezember 2007 in "Nature" erschienen (Band 450, S. 1075-1078, DOI:10.1038/nature06342).
->   Zum Abstract
...
Respekt - und Rückenschmerzen
Dass hochschwangere Frauen mit ihren dicken Bäuchen noch aufrecht gehen können, ringt außenstehenden Betrachtern durchaus Respekt ab. Den Frauen selbst beschert der Bauch, der den weiblichen Rumpf durchschnittlich um 6,8 Kilogramm wachsen lässt, oft Rückenschmerzen.

Die Schmerzen und Ermüdungserscheinungen wären aber noch viel ärger, hätte sich die weibliche Wirbelsäule nicht an die Belastungen angepasst, schreiben die US-Anthropologen um Whitcome in ihrer Studie.
Hohlkreuz bei schwangeren Frauen
 
Bild: Nature

Während sich die auf vier Füßen gehenden Primaten mit dem zusätzlichen Gewicht relativ leicht tun, weil sie den Bauch einfach nach unten hängen lassen, stellt eine Schwangerschaft den Menschen vor große Herausforderungen.

Der nach vorne wachsende Bauch würde auch den Schwerpunkt nach vorne verschieben. Zum Ausgleich verfallen schwangere Frauen in ein Hohlkreuz. Damit die Lendenwirbelsäule dadurch nicht geschädigt wird, musste sie sich anpassen.
...
Drei Lendenwirbel verschränkt
Um die Wirbelsäule zu stabilisieren, sind bei Frauen drei untere Lendenwirbel miteinander verschränkt und somit verstärkt. Bei Männern sind nur zwei Lendenwirbel auf diese Weise verbunden; auch die Abstände zwischen den Wirbelgelenken sind bei Frauen größer, um Abnutzung zu verhindern.
...
Ähnlichkeiten bei Vorgänger des Menschen
Bei Schimpansen findet sich dieser Geschlechtsunterschied an der Wirbelsäule nicht, schreiben die Wissenschaftler. Zwei erhaltene Lendenwirbelsäulenknochen von Australopithecinen jedoch zeigten auffallend ähnliche Merkmale. Diese Vorgänger des modernen Menschen gingen bereits dauerhaft aufrecht.

Die langsame Veränderung der Wirbelsäule, die demnach vor mindestens zwei Millionen Jahren stattgefunden haben muss, habe ihnen vermutlich ermöglicht, auch während der Schwangerschaft ohne Rückenschmerzen auf Nahrungssuche zu gehen und Feinden zu entkommen.

[science.ORF.at/APA/dpa, 12.12.07]
->   Katherine K. Whitcome (Universität Harvard)
->   Liza Shapiro (Universität Texas)
->   Daniel Lieberman (Universität Harvard)
Mehr zum Thema in science.ORF.at:
->   Aufrechter Gang: Eine Frage der Effizienz (17.7.07)
->   Aufrechter Gang: Beginn in den Bäumen? (31.5.07)
->   Studie: Geradesitzen ist ungesund (28.11.06)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010