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Der Mond ist jünger als gedacht  
  Das Alter des Mondes wurde bisher deutlich überschätzt, zeigt eine Studie Schweizer Geologen. Er entstand durch einen Zusammenprall der Erde mit einem anderen Planeten, der sich etwa 60 Millionen Jahre nach Entstehung des Sonnensystems ereignete - mindestens 30 Millionen Jahre später als angenommen.  
Der große Impact
Bald ist es 40 Jahre her, seit wir wissen, aus welchem Material der Mond gemacht ist. Gesteinsproben, die während der Apollo-Missionen in den 60ern und 70ern gesammelt wurden, weisen eine große Ähnlichkeit zu Erdgestein auf. Der Schluss daraus: Der Mond besteht aus einst irdischem Material, das ins All verfrachtet wurde. Wie es dorthin kommt? Die gängige Theorie geht von einem Zusammenstoß zwischen der Protoerde und einem etwa Mars-großen Planeten aus.

Die Kollision muss so gigantisch gewesen sein, dass sich die Himmelskörper bei ihrer Vereinigung zumindest teilweise verflüssigten und einen globalen Ozean aus Magma bildeten. Ein Teil der zunächst flüssigen Materie wurde bei dem Aufprall in den Weltraum geschleudert, begann um die nunmehr bis zu 30 Prozent schwerere Erde zu rotieren und verfestigte sich allmählich zu dem bleichen Trabanten, den wir nun am Nachthimmel sehen.
Die Suche nach der korrekten Isotopenuhr
 
Bild: NASA

Soweit das Szenario, auf das sich die Astronomen und Geologen im Wesentlichen einigen können. Über die genaue Chronologie der Geschehnisse gibt es allerdings noch Diskussionen. Viele Forscher gingen bisher davon aus, dass sich unser Sonnensystem vor 4,57 Milliarden Jahren bildete und der große Impact - mithin die Stunde Null der Mondgeschichte - 30 Millionen Jahre danach stattfand.

Wiederum 10 Millionen Jahre später soll sich diesem Szenario zufolge die Mondoberfläche verfestigt haben. Das hat man mithilfe einer radiometrischen Uhr herausgefunden, die in lunarem und irdischem Gestein versteckt ist. Es handelt sich dabei um den Zerfall des Hafnium-Isotops mit der Massenzahl 182. Neun Millionen Jahre braucht es, bis sich das Isotop zur Hälfte zu Wolfram-182 verwandelt hat. Genau diese Reaktion dient den Forschern üblicherweise zur zeitlichen Einordnung der Geschehnisse rund um die große Kollision.
Chronologische Widersprüche
Verwendet man andere radiometrische Uhren, wandelt sich allerdings das Bild. Laut dem Zerfall relativ leichter Metalle fand die Verfestigung der Mondoberfläche viel später statt, nämlich erst 70 bis 150 Millionen Jahre nach der Bildung des Sonnensystems. Das ist ein glatter Widerspruch, der nach einer Auflösung ruft. Die Rufe wurden nun erhört, und zwar von einer Arbeitsgruppe um Mathieu Touboul von der ETH-Zürich. Sie wiesen nach, dass die bisherigen Messungen der Hafnium-Wolfram-Uhr systematisch verzerrt waren (Nature 450, 1206).

Und zwar durch eine Reaktion, die an der Oberfläche des Mondes stattfindet. Wird nämlich das Isotop Tantal-181 von kosmischen Strahlen getroffen, entsteht mitunter Wolfram-182 - offenbar hatte man diese Reaktion bis dato nicht genügend berücksichtigt.
Alter: Höchstens 4,5 Mrd. Jahre
Die neuesten Versuche zeigen indes, dass die Hafnium-Wolfram-Uhr ganz andere Ergebnisse abwirft, sofern man statt Mondgestein lunare Metalle verwendet. Sie blieben vom Beschuss durch kosmische Strahlung unbeeinflusst und korrigieren nun das offizielle Alter des Mondes: Er entstand erst 62 (mindestens 50, höchstens150) Millionen Jahre nach Bildung des Sonnensystems, womit auch der große Impact zeitlich nach hinten gerückt werden muss.

Das könnte auch weit reichende Konsequenzen für die Geschichtsschreibung unseres Planeten haben: Bisher ging man nämlich davon aus, dass sich die Oberfläche von Erde, Mars und Mond relativ rasch verfestigte. Die neuen Messungen passen aber eher zu einer gemächlichen Entwicklung.

Alan Brandon vom Johnson Space Center in Houston, Texas, vermutet, dass Erde und Mars womöglich hunderte von Millionen Jahren gebraucht haben, um ihre endgültige Masse zu erreichen (Nature 450, 1169). Wie lange genau, sollen zukünftige Missionen zum Roten Planeten zeigen.

Robert Czepel, science.ORF.at, 20.12.07
->   Mathieu Touboul - ETH-Zürich
->   Mond - Wikipedia
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01.01.2010