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Mensch senkte Meeresspiegel um drei Zentimeter  
  Der Einfluss des Menschen reicht schon so weit, dass er laut einer Studie taiwanesischer Forscher den Meeresspiegel beeinflussen kann: Dieser sei in den letzten 50 Jahren durch die globale Erwärmung zwar gestiegen, der Mensch habe den Anstieg aber ein wenig gebremst: Genau genommen wäre das Meer um drei Zentimeter höher, wenn es keine Stauseen und Dämme gäbe.  
In dieser Zeit seien in den Stauseen der Erde rund 10.800 Kubikkilometer Wasser gespeichert worden, schreiben Benjamin Fong Chao und Kollegen von der Nationalen Universität Taiwan in Chung-Li. Das ist halb so viel Wasser wie in der Ostsee.

Werde dieser Faktor berücksichtigt, müsse die Eisschmelze neu berechnet werden.
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Die Studie "Impact of Artificial Reservoir Water Impoundment on Global Sea Level" ist am 13. März 2008 in "Science Express" erschienen (DOI:10.1126/science.1154580).
->   "Science Express"
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Einfluss des Menschen auf Meeresspiegel
Mit dem Meeresspiegel verhält es sich ähnlich wie mit dem Klima: Beide verändern sich, aber man weiß nicht im Detail, warum. Deshalb stellt auch der UN-Klimarat (IPCC) in seinem Bericht 2007 fest, "dass das Kapitel Meeresspiegel noch nicht zufriedenstellend geschlossen werden konnte, weil zu wenig über den menschlichen Einfluss bekannt ist".

Der Bau von Dämmen ist ein unmittelbarer Eingriff des Menschen in den Wasserhaushalt der Natur. Bisher gab es nur ungenaue Studien, wie viel Wasser überhaupt vom Menschen aufgestaut wurde: Von Maximalschätzungen von 15.000 bis hin zu Minimalvarianten von 5.000 bis 6.000 Kubikkilometer reichten die Angaben.
29.484 Dämme
Die Forscher der Nationalen Universität Taiwan stützten sich bei ihren Berechnungen in erster Linie auf die Angaben der International Commission on Large Dams.

Insgesamt 29.484 Dämme, die nach dem Jahr 1900 errichtet wurden, fanden in die Studie mit Angaben zu ihrem Fassungsvermögen und ihrer Auslastung Eingang. Die Forscher gingen in ihrer Berechnung davon aus, dass die Stauseen im Schnitt zu 85 Prozent gefüllt sind.
Anstieg, aber durch Dämme gebremst
Parallel dazu sammelten die Wissenschaftler Daten zum Anstieg des Meeresspiegels und setzen die Zahlen in Beziehung. Dabei zeigte sich, dass der Meeresspiegel im vergangenen Jahrhundert im Schnitt um 1,7 bis 1,8 Millimeter pro Jahr angestiegen ist, in den vergangenen 15 Jahren laut Satellitenmessungen sogar um 3,4 Millimeter pro Jahr.

Verantwortlich dafür sind das Abschmelzen der Gletscher und Eisschilde sowie durch die mit der Erwärmung einhergehende Ausdehnung des Wassers.

Die Staudämme, in denen in den letzten 50 Jahren rund 10.800 Kubikkilometer Wasser gespeichert wurden, haben den Anstieg des Meeresspiegels jedoch um 0,55 Millimeter pro Jahr gebremst. Ohne dieses Reservoir wäre er daher wesentlich höher ausgefallen.
Unregelmäßigkeiten erklären
 
Bild: Science

Laut Fong Chao und Kollegen lassen sich durch diese Berechnung auch die scheinbar starken Schwankungen im Anstieg des Meeresspiegels erklären. Wenn man in der Grafik oben die blaue Linie betrachtet, die den Verlauf nach bisheriger Datenlage beschreibt, würde man meinen, dass der Meeresspiegel bis zirka 1930 kaum gestiegen ist, dann stark zugelegt hat, um ab 1960 wieder abzuflachen.

Die rote Linie wurde gezeichnet, nachdem die aufgestauten Wassermengen eingerechnet waren. Sie zeigt keine Verlangsamung des Anstiegs, sondern klettert kontinuierlich nach oben.
Kontinuität fraglich
Ob sich die Linie allerdings in dieser Kontinuität fortsetzen lässt, dazu können die Forscher keine genauen Angaben machen. So sei es durchaus möglich, dass der Klimawandel in den nächsten Jahrzehnten den Meeresspiegel rasanter steigen lässt.

[science.ORF.at/APA/dpa, 14.03.08]
->   International Commission on Large Dams
->   National Taiwan University
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01.01.2010