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Klimawandel: Studie warnt vor Lebensmittelknappheit  
  Es scheint ein Teufelskreis zu sein: Die Klimaerwärmung schreitet voran, und die Schutzmaßnahmen verursachen unerwünschte Nebeneffekte. Betroffen sind vor allem jene, die heute schon zu den Ärmsten gehören. Bis ins Jahr 2080 sind laut einer aktuellen Studie wegen des Klimawandels 35 bis 170 Millionen unterernährte Menschen mehr zu erwarten als heute. Die Produktion von Biosprit, die den Klimawandel eigentlich bekämpfen soll, verschärft die Situation zusätzlich.  
Alleine in Afrika südlich der Sahara wird der Klimawandel die Zahl der unterernährten Menschen um 17 bis 50 Millionen steigen lassen, erklärt Günther Fisher. Er ist Mitautor der Studie, die vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg erstellt und am Donnerstag vor der UNO-Kommission für Nachhaltige Entwicklung in New York präsentiert wurde.

Die als "trocken" und "halbtrocken" eingestuften Areale Afrikas werden um fünf bis acht Prozent zunehmen.
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Die Studie "Food Security and Sustainable Agriculture The Challenges of Climate Change in Sub-Saharan Africa" ist auf der Website der IIASA nachzulesen.
->   Die Studie (pdf-Datei)
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Veränderung von Klima und Anbauflächen prognostiziert
Die IIASA-Forscher gingen von einem Klimaszenario des UNO-Weltklimarats aus, das einen relativ hohen Temperaturanstieg und ein ebensolches Bevölkerungswachstum vorsieht. Danach berechneten sie die Veränderungen, die sich daraus für die Kultivierung der Böden ergeben. Und schließlich beinhaltete die Studie auch eine Prognose, wie sich das auf den Handel und die Nachfrage mit bzw. nach landwirtschaftlichen Produkten auswirkt.
Subsahara mit zehn Prozent weniger Maisanbau
Das Ergebnis: Während einige Länder bis zur zweiten Hälfte des Jahrhunderts zu den landwirtschaftlichen Gewinnern zählen werden - Nordamerika darf mit einem 40-prozentigen Anstieg seiner kultivierbaren Flächen rechnen, Europa mit 16 Prozent -, wird es auch eine Reihe von Verlierern geben.

Dazu zählen hauptsächlich arme Länder, die sich zusätzliche Importe von Nahrungsmitteln kaum leisten können. Die Forscher gehen etwa davon aus, dass im Gebiet südlich der Sahara über zehn Prozent der landwirtschaftlichen Flächen für den Anbau von Mais verloren gehen werden.
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Nicht Verursacher, aber hauptbetroffen
Während Afrika so den Hauptteil der negativen Folgen des Klimawandels abbekommen wird, trug es kaum zu seinem Zustandekommen bei. Afrika südlich der Sahara beherbergt etwa zehn Prozent der Weltbevölkerung, trägt derzeit aber nur 2,4 Prozent des vom Menschen verursachten Kohlendioxid-Ausstoßes bei. Das Gas wird als Hauptverursacher des Klimawandels angenommen.
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Mehr Unterernährung, höhere Getreidepreise
Verschärft wird die Ernährungssituation in den Entwicklungsländern derzeit durch die Erzeugung von Biosprit. Landwirtschaftliche Flächen gehen dadurch für die Produktion von Nahrungsmitteln verloren.

So hat die UNO-Organisation für Landwirtschaft und Ernährung (FAO) die Schätzungen über die Zahl an weltweit unterernährten Menschen innerhalb von zwei bis drei Jahren von rund 820 auf 920 Millionen revidiert. Die Getreidepreise haben sich im gleichen Zeitraum verdoppelt.
Lösungsvorschläge: Politisch Koordination ....
Günther Fisher zu science.ORF.at: "Wir wollen Biosprit nicht verteufeln, aber es wäre besser, seine Produktion international zu koordinieren und auch nicht allzu hastig zu steigern. Das wäre besser für die Preise auf dem Markt." Die Forcierung von Biosprit sei speziell in den USA zu schnell vor sich gegangen - heute wird dort bereits ein Viertel des gesamten Maisanbaus für Biotreibstoffe verwendet.
... effizientere Landwirtschaft, neuer Biosprit
Damit Klimawandel und Schutzmaßnahmen a la Biosprit nicht ausgerechnet die Ärmsten am meisten betreffen, plädiert Fisher für Hilfsmaßnahmen an Ort und Stelle der Betroffenen: Die Effizienz der afrikanischen Landwirtschaft müsse mit modernen Technologien und besserer Infrastruktur erhöht werden.

Die Zukunft des Biosprits sieht er in einer "Second Generation", die nicht mehr wie heute auf Pflanzen wie Raps, Kukuruz und Soja setzt, sondern auf Lignozellulose - die zu ihrer Produktion nötigen Gräser und Bäume würden nicht mit Äckern und Feldern konkurrieren und die Lebensmittelpreise somit nicht steigen lassen.

[science.ORF.at/APA, 8.5.08]
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Aktuelles zu dem Thema:
->   UNO verurteilt Biospritförderung
 
 
 
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01.01.2010