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Schwarzes Loch rast aus Heimatgalaxie  
  Es klingt ein wenig wie Sciencefiction: Zwei Schwarze Löcher im Herzen einer Galaxie verschmelzen miteinander und erzeugen Gravitationswellen, die das so entstandene superschwere Schwarze Loch aus der Galaxie herauskatapultieren.  
Vor ein paar Jahren war dieses Szenario noch reine Theorie, jetzt hat ein Team um Stefanie Komossa vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik eine derartige "Gravitationsrakete" tatsächlich aufgespürt.
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Die entsprechende Studie, "A recoiling supermassive black hole in the quasar SDSSJ092712.65+294344.0?", ist in den "Astrophysical Journal Letters" erschienen (Bd. 678, L81).
->   Astrophysical Journal Letters
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Wie ein Raketenantrieb
Der Fund der deutschen Forscher belegt erstmals eines dieser extremen Ereignisse, die bisher nur in Supercomputern simuliert wurden. Danach, so die Theorie, breiten sich beim Verschmelzen zweier Schwarzer Löcher enorme Gravitationswellen mit Lichtgeschwindigkeit aus. Da die Wellen bevorzugt in eine Richtung ausgesandt werden, erhält das Schwarze Loch selbst einen Rückstoß.

Das ähnelt dem Vorgang beim Abschießen eines Gewehrs oder beim Start einer Rakete. Dadurch verharrt das Schwarze Loch nicht länger im Kern des Milchstraßensystems, sondern beginnt zu wandern. Erreicht es eine bestimmte Geschwindigkeit, verlässt es schließlich seine Muttergalaxie.
3.000 Kilometer pro Sekunde
 
Bild: MPE/HST-Archiv

Den Astrophysikern fiel das Schwarze Loch im so genannten Sloan-Himmelsatlas durch seine sehr hohe Geschwindigkeit auf: Das Gas um das Schwarze Loch zeigte im Spektrum stark verschobene Linien. Daraus schlossen die Forscher, dass sich das kosmische Schwergewicht - es enthält einige 100 Millionen Sonnenmassen - mit einem Tempo von knapp 3.000 Kilometern pro Sekunde bewegt.

Die ungeheure Stärke dieses Rückstoßes katapultierte das Schwarze Loch aus seiner Muttergalaxie heraus - obige Illustration zeigt dieses Szenario.
Angesaugtes Gas leuchtet
Wird ein Schwarzes Loch aus dem Kern einer Galaxie gestoßen, nimmt es die direkt umgebende Materie bis auf einen geringen Rest mit und findet damit noch für viele Millionen Jahre "Nahrung". Es saugt weiterhin Gas aus der auf, und dieses Gas leuchtet im Röntgenlicht.

Tatsächlich hat das Team um Stefanie Komossa auch den Röntgenschein um das zehn Milliarden Lichtjahre entfernte Schwarze Loch entdeckt: Die Himmelsregion wurde zufällig durch den Satelliten ROSAT erfasst; ganz am Rand des Gesichtsfelds lag eine Röntgenquelle, deren Position mit jener der fernen Galaxie übereinstimmt.
Gekräuselte Raumzeit
Astrophysiker interessieren sich stark für Gravitationswellen und ihre Effekte. Denn diese von Albert Einstein vorausgesagten Wellen zählen zu den energiereichsten Prozessen im Universum. Sie kräuseln die Struktur der Raumzeit wie ein in den See geworfener Stein die Wasseroberfläche. Im Jahr 2006 verschmolzen Forscher erstmals in Computersimulationen Schwarze Löcher und berechneten die dabei entstehenden Gravitationswellen-Signale.

Ein Jahr später gelang ein weiterer Durchbruch: Supercomputer wiesen die ungeheure Stärke des Rückstoßes beim Verschmelzen zweier Schwarzer Löcher nach. Die Ergebnisse des Teams um Komossa bedeuten nun einen weiteren Meilenstein der Gravitationswellen-Forschung, da sie den bisher nur simulierten "Raketeneffekt der Gravitation" durch reale Beobachtungen bestätigen.

Zudem beweist die jüngste Entdeckung indirekt, dass Schwarze Löcher tatsächlich miteinander verschmelzen. Auch für diesen theoretisch postulierten Prozess gab es bisher keine eindeutigen Belege. Aus der Beobachtung folgt außerdem, dass es Galaxien ohne Schwarze Löcher in den Kernen geben muss - und auf der anderen Seite intergalaktische Schwarze Löcher existieren, die auf alle Ewigkeit im Raum zwischen den Galaxien treiben.
Eine Antwort, viele neue Fragen
Das wirft neue Fragen für die Forschung auf: Bildeten und formierten sich Galaxien und Schwarze Löcher in der Frühphase des Universums gemeinsam? Oder gab es eine Population von Galaxien, die ihrer Schwarzen Löcher im Kern beraubt wurden? Wie entwickelten sich diese Galaxien dann weiter?

In engem Wechselspiel zwischen Theorie und Beobachtung wollen die Astrophysiker jetzt diese Fragen klären. Unter anderem sollen verschiedene Detektoren auf dem Erdboden und im Weltraum, darunter das derzeit im Bau befindliche Weltraum-Interferometer LISA, in naher Zukunft auf die Fährte der Gravitationswellen angesetzt werden.

[science.ORF.at/MPG, 11.5.08]
->   Stefanie Komossa
->   Schwarzes Loch - Wikipedia
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01.01.2010