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Flugsaurier jagten an Land  
  Flugsaurier galten bisher als Räuber der Lüfte. Eine Studie britischer Biologen legt nun nahe, dass deren bekannteste Vertreter im Mesozoikum eher den Boden als den Luftraum unsicher machten. Sie waren erstaunlich gute Läufer.  
Wie Möwen - nur größer
Bild: Mark Witton
Homo sapiens und Hatzegopteryx
Möwen lassen uns eher an Urlaub, Meer und die Romantik kleiner Mittelmeerhäfen denken als an die räuberische Lebensweise eines Fleischfressers. Aber für kleine Fische sind Möwen und andere Meeresvögel nichts anderes als gefährliche Feinde, die über der Wasseroberfläche kreisen, nach Beute suchen - und im entscheidenden Moment hinunterstoßen, um zu töten. Diese Beschreibung gilt beispielsweise für Silbermöwen, die mit einer Flügelspanweite von etwa einem Meter zu den größeren ihrer Gattung gehören.

Ganz ähnlich stellen sich manche Forscher auch die Lebensweise der so genannten Azhdarchidae vor, einer wichtigen Untergruppe der Flug- oder Pterosaurier. Mit einem wichtigen Unterschied: Die Größenverhältnisse sind bei den Flugechsen ein bisschen nach oben verschoben. Hatzegopteryx, der bislang größte Vertreter dieser Gruppe, war groß wie eine Giraffe - eine geflügelte wohlgemerkt (Bild rechts).
Modelle auf dem Prüfstand
Das Möwenmodell war aber nicht das einzige, das man für die längst ausgestorbenen Flugsaurier entwickelt hat, berichtet Darren Naish von der University of Portsmouth.

"Die Azhdarchidae waren bereits in den 1970ern recht bekannt, ihre Lebensweise ist aber bis heute Gegenstand von Debatten geblieben. Ursprünglich wurden sie als Geier-artige Aasfresser beschrieben, dann wurde vorgeschlagen, sie hätten mit ihrem langen Schnabel in schlammigem Wasser nach nach Beute gestochert. Und wieder später meinte man, sie hätten Meeresfische im Flug mit dem Schnabel gepackt."

Auch schwimmende und watende Lebensweisen wurden für die riesenhaften Echsen vorgeschlagen. "Sie waren alle so radikal unterschiedlich, dass mein Kollege Mark Witton und ich uns nun die anatomischen Fakten genau angesehen haben", sagt Naish. Die nun im Fachjournal PLoS ONE (Bd. 3, e2271) veröffentlichte Analyse versteinerter Knochen macht nun dem Wildwuchs an Modellen ein Ende.

"Alle anatomischen Details sowie die Umgebung, in der die Fossilien gefunden wurden, zeigen, dass die Azhdarchidae an Land liefen und ihre Beute mit dem Schnabel packten - ähnlich, wie das heute Störche oder Nashornvögel tun."
Schwimmen, Waten, Schöpfen: Fehlanzeige
Naish und Witton verglichen Fossilien aus Großbritannien und Deutschland mit den Knochen heute lebender Tiere und suchten nach anatomischen Anpassungen für die bis dato vorgeschlagenen Lebensweisen.

In den meisten Fällen wurden sie nicht fündig. Beispielsweise haben sie keine Klauen, die für Luftjäger typisch sind, es fehlen auch Flossen und eng anliegende Flügel, die für das Tauchen notwendig wären, sowie die besondere Schnabelform für das Abschöpfen von Oberflächenwasser, wie das etwa der Pelikan tut.

Für die schreitende Lebensweise sprechen indes einige Fakten. Erstens wurden fast alle Fossilien an Land gefunden, zweitens weist der Bau der ungewöhnlich langen Gliedmaßen auf eine gewisse Begabung in Sachen Laufen hin.
Zupacken mit steifem Nacken
 
Bild: Mark Witton

Drittens haben die Flugsaurier ein extrem steifes Genick. "Diese Tatsache war für andere Ideen über die Lebensweise der Azhdarchidae ein großes Problem. Aber es passt perfekt in unser Modell eines terrestrischen Schreiters, der seine Schnabelspitze hebt und senkt", so Darren Naish. Auch der große, aber eher schwach gebaute Schnabel sowie die relativ klein geratenen Füße passen recht gut ins biomechanische Bild, das Naish und Warren entworfen haben.

Naish: "Die kleinen Füße der Azhdarchidae waren nicht für das Waten oder Schwimmen geeignet, aber exzellent für die Fortbewegung an Land. Was ihre Ernährung angeht: Sie haben sich vermutlich von Früchten ernährt und immer wieder mundgerechte Tiere gepackt. Wenn man aber deutlich mehr als zwei Meter groß ist, kann ein Happen schnell mal so groß wie ein Fuchs sein."

[science.ORF.at, 28.5.08]
->   Darren Naish - University of Portsmouth
->   Darren Naish - Scienceblogs
->   Azhdarchidae - Wikipedia
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01.01.2010