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Wettermacher: Olympia-Eröffnung ohne Regen  
  Am 8. August soll es in Peking nicht regnen: Bei der Eröffnung der Olympischen Sommerspiele hat nach dem Wunsch der Veranstalter die Sonne zu scheinen. Damit dies auch eintritt, lassen Techniker und Meteorologen nichts unversucht, das Wetter an dem Tag zu beeinflussen.  
China unterhält eines der größten Forschungsprogramme weltweit, das sich der künstlichen Beeinflussung des Wetters widmet.
Zwischen 40 und 60 Millionen Euro sollen jährlich in das Programm fließen, 32.000 Personen beteiligt und 35 entsprechende Wetterflugzeuge dafür einsatzbereit sein, heißt es in einem aktuellen Artikel der Fachzeitschrift "Nature".
Behörden sehen Erfolge - Skepsis ist angebracht
Die offiziellen Zahlen des chinesischen Meteorologie-Verwaltung versprechen buchstäblich das Graue vom Himmel: 30 Milliarden Tonnen Regen sollen in den vergangenen Jahren pro Jahr künstlich hergestellt worden sein - genug für fast die Hälfte der chinesischen Bevölkerung von 1,3 Milliarden Menschen.

Kritiker im In- und Ausland lassen keinen Zweifel daran, dass es sich dabei aber eher um Wunschdenken der Behörden handelt. Ob Regen überhaupt im großen Maßstab durch Menschenhand erzeugt bzw. vermieden werden kann, ist alles andere als empirisch abgesichert.
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Künstlicher Regen: Noch sehr fragwürdig
Bei der Entstehung von Niederschlägen spielen neben der Luftfeuchtigkeit und der Temperatur vor allem Wasser anziehende Substanzen eine wichtige Rolle: Sie dienen als Kondensationskeime für Tropfen und können Regen auslösen. Zwar berichten mehrere Studien, dass dieser Mechanismus bereits künstlich herbeigeführt worden ist - statistische Nachweise für künstliche Niederschläge fehlen freilich bis heute, wie Meteorologen im Rahmen der Serie "Ask Your Scientist" ausführten.
->   Lässt sich Regen künstlich herstellen?
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Wolkenimpfung für die Landwirtschaft
Eines ist sicher: Auch in China wird versucht, durch das "Impfen" von Wolken mit verschiedenen Substanzen Regen auszulösen - etwa mit auch in Österreich verwendetem Silberjodid.

Vor allem in der Landwirtschaft ist dies ein vorrangiges Ziel: Somit könnten punktgenau Niederschläge auf Nutzungsflächen treffen bzw. durch vorzeitiges Abregnen andere Flächen trocken gehalten werden.
Studien - aber ohne Peer Review
Zu diesen Verfahren des "cloud seeding" mittels Flugzeugen und Wetterkanonen gibt es in China schon seit mindestens 30 Jahren Studien, die von einer Steigerung der Regenmengen um bis zu 20 Prozent sprechen.

Aber: Keine dieser Studien ist in Fachzeitschriften mit Peer-Review-System erschienen, weshalb auch hier die Skepsis überwiegt.
Eigenes "Zentrum für Wetteränderung"
Der chinesischen Regierung ist das künstliche Wettermachen laut dem "Nature"-Bericht jedenfalls wichtig. Es wurde als eines von mehreren Schlüsselprojekten in den elften Fünfjahresplan der Volksrepublik aufgenommen.

Und im Dezember des Vorjahrs wurde ein eigenes "Zentrum für Wetteränderung" gegründet. Die rund 60 Wissenschaftler sollen sich laut Direktor Guo Xueliang vor allem um die Grundlagenforschung kümmern.
47 Prozent Regenwahrscheinlichkeit am 8.8.
Ein Erfolg angewandter Forschung könnte am 8. August erzielt werden. Das neue Nationalstadium in Peking mit dem Aussehen eines Vogelnests ist nicht komplett überdacht - und niemand der anwesenden Funktionäre soll durch Regen gestört werden.

Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt aus heutiger Sicht bei 47 Prozent, wie findige chinesische Meteorologen errechnet haben. Das verspricht Arbeit für die Wetterkanonen und Flugzeuge an hundert Plätzen, die sich rund um Peking befinden und die Hauptstadt vor Niederschlägen schützen sollen.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at, 19.6.08
->   Nature
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01.01.2010