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Warum Krokodiljunge schon im Ei schreien  
  Dass Krokodiljunge schon schreien können, bevor sie noch aus ihrem Ei schlüpfen, war schon bisher bekannt. Erstmals experimentell nachgewiesen wurde nun, warum sie das tun: Einerseits synchronisieren sie so den Geburtstermin mit ihren Geschwistern, andererseits kommunizieren sie auch mit ihrer Mutter.  
Beides ist wichtig, um sich vor etwaigen Raubtieren zu schützen, berichten die Verhaltensforscherin Amelie Vergne und ihr Kollege Nicolas Mathe von der Jean-Monnet-Universität in St. Etienne.
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Ihre Studie "Crocodile egg sounds signal hatching time" ist am 23.6.08 in der Fachzeitschrift "Current Biology" (Bd. 18, S. 513) erschienen.
->   Abstract der Studie
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"Umpf! umpf! umpf!"
Falls Sie noch nie gehört haben, wie ein Exemplar eines Nilkrokodils (crocodylus niloticus) kurz vor dem Schlüpfen klingt: "Umpf! umpf! umpf!", entrinnt es ihren ungeborenen Kehlen, wie eine Presseaussendung von "Current Biology" verrät.

Diese Laute wurden von Forschern in freier Wildbahn schon oft vernommen, interpretiert wurden sie schon bisher als Kommunikation mit der Außenwelt.

Die erste experimentelle Überprüfung des tierischen Verhaltens stammt nun aber von den beiden französischen Verhaltensforschern. Ihre Methode fällt unter die Kategorie "Tarnen und Täuschen".
Tiere schlüpfen nach Playback-Geräuschen
Im ersten Teil ihres Experiments teilten sie 17 Krokodil-Eier, die in den folgenden zehn Tagen schlüpfen sollten, in drei Gruppen ein: Der ersten wurde auf Tonband pränatales "Umpf!"-Geschrei vorgespielt, der zweiten sinnlose Geräusche, die dritte Gruppe von Eiern wurde in Ruhe gelassen.

Die Ergebnisse waren eindeutig: Mitglieder der ersten Gruppe antworteten ihren vermeintlichen Geschwistern nicht nur deutlich häufiger und ihre Eier begannen sich auch zu bewegen, sie schlüpften auch während der Playback-Aufnahmen - entweder gleich oder spätestens zehn Minuten nach den Tonbeispielen. Bei der "Geräuschgruppe" war das etwa nur ein einziges Mal der Fall.
Muttertiere fangen an zu graben
In einem zweiten Versuchsschritt untersuchten die französischen Forscher die Reaktionen von Mutterkrokodilen in einem Zoo. Dazu entwendeten sie von ihnen gelegte Eier und brachten an der Stelle des Nests einen Lautsprecher an, aus dem zur Zeit des potenziellen Geburtstermins wiederum die beiden Tonaufnahmen zu hören waren - zum einen das pränatale "Umpf!", zum anderen sinnlose Geräusche.

Während letztere die Mehrheit der Krokodilmütter kalt ließen, reagierten sämtliche Tiere auf die Schlüpfgeräusche: Sie wendeten sich mit dem Kopf der Tonquelle zu und begannen im Sand nach den vermeintlichen Eiern zu graben.
Schutz vor Räubern
Somit ist der Sinn der pränatalen Krokodillaute eindeutig geklärt, schreiben Amelie Vergne und Nicolas Mathe in ihrer Studie: "Wie bei manchen Vögeln dienen sie der Feinabstimmung für das zeitgleiche Schlüpfen der Jungtiere. Der andere Schlüsseleffekt besteht darin, die erwachsenen Weibchen dazu zu bringen, das Nest freizuschaufeln."

Während ausgewachsene Krokodile keine natürlichen Feinde haben, sind frisch geschlüpfte Exemplare zahlreichen Räubern ausgesetzt. Synchrones Schlüpfen und die Aufmerksamkeit der Mutter sollen dabei helfen, die Gefahr verringern.

[science.ORF.at, 24.6.08]
->   Jean-Monnet-Universität
->   Nilkrokodil (Wikipedia)
->   science.ORF.at-Archiv zum Thema Krokodile
 
 
 
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01.01.2010