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Transsexualität zum Teil genetisch bedingt?  
  Forscher glauben, eine Genabweichung gefunden zu haben, die für Transsexualität verantwortlich ist. Sie führt bei Frauen, die sich wie Männer fühlen, zu einem Überschuss an männlichen Hormonen.  
Menschen, die körperlich eindeutig Mann oder Frau sind, sich aber dem anderen Geschlechts zugehörig fühlen, sind transsexuell. Diese komplexe Empfindung hat vermutlich mehrere Gründe und beruht zum Teil auf umfeldbedingten und kulturellen Einflüssen.

Clemens Tempfer und seine Kollegen von der Medizinischen Universität Wien sagen nun: Transsexualität hat auch einen genetischen Komponenten.
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Die Studie "A polymorphism of the CYP17 gene related to sex steroid metabolism is associated with female-to-male but not male-to-female transsexualism" ist auf "Science Direct" erschienen.
->   Zur Studie
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DNA-Proben von Transsexuellen genommen
Tempfer und sein Team untersuchten die DNA von 49 Frau-zu-Mann-, 102 Mann-zu-Frau- und 1.669 Nicht-Transsexuellen. Die Abweichung wurde im sogenannten Cytochrom P17-Gen entdeckt. Sie führt zu überdurchschnittlich vielen männlichen und weiblichen Sexualhormonen. Dieser Überschuss kann sich auf die Gehirnentwicklung und somit auf die Bildung der sexuellen Identität auswirken.

Die Genabweichung kam bei Männern häufiger vor als bei Frauen. Bei ihnen wirkte sich das veränderte Gen aber nicht auf die Sexualität aus. Bei Frauen gab es Unterschiede: 44 Prozent der Frauen, die gerne einen männlichen Körper hätten, trugen die Genabweichung in sich, im Gegensatz zu 31 Prozent der Nicht-Transsexuellen Frauen.
Testosteron-Überschuss
Die Untersuchungen zeigen also, dass Frau-zu-Mann Transsexuelle erhöhte Mengen an männlichen Hormonen ausschütten. Dennoch gibt es auch nicht-transsexuelle Frauen mit Testosteron-Überschuss und Transsexuelle ohne.

"Die Gen-Abweichung kann die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Menschen transsexuell werden", sagt Tempfer gegenüber "New Scientist". Er betont aber auch die Wichtigkeit des kulturellen Umfelds als möglichen Auslöser für Transsexualität.
Bedenken zur Studie
Janett Scott, ehemalige Präsidentin der Beaumont Society, einer englischen Vereinigung Transsexueller, äußert Bedenken zur Studie. Eine biologische Ursache könnte die Menschen ermutigen, Transsexualität "heilen" zu wollen. "Die Natur hat uns zu dem gemacht, was wir sind. Nur die Erziehung bereitet uns Probleme", sagt sie gegenüber "New Scientist".

Tempfer streitet dieses Motiv stark ab. "Das steht vollkommen außer Frage", sagt er. Dennoch, würden andere Genabweichungen mit einem stärkeren Bezug zu Transsexualität identifiziert, könnte eine Diagnose in Zukunft erleichtert werden. Geschlechtsumwandlungen und Hormontherapien könnten dann früher beginnen.

[science.ORF.at, 30.7.08]
->   Clemens Tempfer (Medizinische Universität Wien)
->   Transsexualität (Wikipedia)
->   Beaumont Society
->   New Scientist
Mehr zu dem Thema in science.ORf.at:
->   Hormone tragen zu Transsexualität bei
 
 
 
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01.01.2010