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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Risiko für Bergsteiger steigt  
  Der Klimawandel ist nicht verantwortlich für das Drama am Montblanc, bei dem acht Bergsteiger verunglückt sind. Laut Experten hat sich nicht das Risiko von Lawinen, dafür jenes von Steinschlag erhöht.  
Dort, wo früher Schnee und Eis den Berg einpackten, donnern heute Felsbrocken ins Tal oder prasseln Steine von den Wänden. Vor allem in Gletschergebieten sind Eisflächen kleiner geworden.

Dadurch ist Verwitterung - das Auftauen und Wiedergefrieren - möglich, was zu vermehrtem Steinschlag führt. Wenn das Eis als "Kitt" verschwindet, hat Erosion leichtes Spiel und der Fels bricht. Bergsteigen wird dadurch gefährlicher, erklärte Klima- und Gletscherforscher Wolfgang Schöner von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Wien.
Steinlawinen nehmen zu
Nicht unbedingt die Schneelawine, dafür aber die Steinlawine macht das Bergsteigen heute um einiges risikoreicher als noch vor Jahrzehnten. "Es ist eindeutig, dass es gefährlicher wird, weil der Steinschlag zunimmt", sagte Schöner.

Abschmelzender Permafrost setzt Schutt frei. Besonders sensible Zonen dafür sind Höhen, zwischen 2.500 und 3.500 Meter.

"Bei Temperaturen um die null Grad, kann bereits eine geringe Schwankung große Veränderungen zu Folge. Der Null-Grad-Bereich ist gefährlich, weil da die Verwitterung sehr stark ist", sagte Schöner. Der Schnee kommt dort jetzt häufig in Form von Regen.
Mehr Regen als Schnee
Eine Folge der Erwärmung ist, dass immer mehr Niederschlag als Regen und nicht als Schnee fällt. Durch das Wasser werden laut dem Gletscherforscher Eisflächen immer kleiner.

Am Hohen Sonnblick beispielsweise ist die Schnee-Niederschlagsmenge seit Beginn des 20. Jahrhunderts um 20 Prozent zurückgegangen.

Durch den Rückgang der Gletscher verschwinden Routen, die Wanderwege zu erhalten, wird immer schwieriger. Die Gefahr von Steinschlag und abbrechenden Felsblöcken steigt. Eine Begehung ist oft nicht mehr möglich.
Unglück am Montblanc keine Folge des Klimawandels
Lawinenabgänge weit über 3.000 Meter Seehöhe haben laut dem Klimaforscher aber wenig mit der globalen Erwärmung zu tun.

"Alpine Gefahren oberhalb sind nicht unbedingt auf das Klima zurückzuführen. Lawinenabgänge haben mit der Schneedecke und deren Aufbau zu tun. Am Montblanc ist ein Eisblock abgestürzt und dadurch wurde die Lawine ausgelöst", sagte Schöner. Der Gletscher sei ständig in Bewegung, da kann immer etwas abbrechen.
->   Mehr zu dem Unglück am Montblanc
Ursachen: Spannungen in der Schneedecke ...
Auch der Innsbrucker Lawinenexperte Peter Höller vom Institut für Lawinenforschung sieht keinen definitiven Zusammenhang zwischen Erwärmung und Lawinenabgängen.

"Man muss objektiv sehen, dass wissenschaftliche Arbeiten auf diesem Gebiet, keinen signifikanten Trend bestätigen", sagte der science.ORF.at-Host.

Eine klassische Lawine, egal in welcher Höhe, habe mit Spannungen in der Schneedecke zu tun. Wird deren Festigkeit geringer oder die Spannungen z. B. durch Neuschnee größer, kommt es zu einem Bruch der Decke.

"Mann kann das mit einer Brücke vergleichen. Wenn zu viele Autos darauf sind, dann wird sie brechen", sagte der Forscher.
... und Eisschlag
Die andere Variante eine Lawine auszulösen, sei durch einen Eisschlag. "Je höher man hinaufkommt, umso größer wird das Risiko, dass ein Eisblock abgeht", sagte Höller.

"Und, Lawinen können auch von Menschen ausgelöst werden, wenn die Belastung überschritten wird."

Der Eissturz in sehr hohen Höhen habe aber nichts mit der Erwärmung zu tun, sind sich die beiden Experten einig. "Das Steinschlagrisiko durch den Rückgang der Gletscher ist sicher die aktuellere Gefahr für Bergsteiger", meinte Höller.

[science.ORF.at/APA, 25.8.08]
->   Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik
Peter Höller zum Thema in science.ORF.at:
->   Radar in der Schnee- und Lawinenforschung
->   Umstritten: Die Stabilität von Schneedecken
->   Alle Beiträge von Peter Höller
 
 
 
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01.01.2010