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"Science"-Herausgeber: Keine "Häppchen"-Studien  
  Kritik an "Häppchen-Publikationen", also möglichst vielen wissenschaftliche Arbeiten mit wenig Inhalt, übt der Wiener Hirnforscher und "Science"-Mitherausgeber Jürgen Sandkühler.  
Nach dem Motto "Weniger ist mehr" sollten sich Wissenschaftler vielmehr künftig wieder auf eine geringere Anzahl an Veröffentlichungen konzentrieren, dafür aber auf gehaltvollere Geschichten, meint der Neurophysiologe, der auch das Zentrum für Hirnforschung an der Medizin-Uni Wien leitet, gegenüber der APA. Das komme der Qualität der Arbeit zugute.
Größere und bessere Geschichten
"Wir haben viel zu viele Publikationen, die unnötig sind. Wenn wir die Daten mehr zusammenfassen würden, wenn wir größere Geschichten erzählen würden, wenn wir nicht mehr an der Zahl der Publikationen gemessen würden, sondern an der Qualität der Daten", dann würde das dem einzelnen Forscher auch Vorteile bringen: Die Zitierhäufigkeit seiner Arbeiten würde steigen.
Populärer Impact-Faktor
Auf die Beurteilung von Forschern wirkt sich u.a. der "Impact-Faktor" von Fachzeitschriften (gibt an, wie häufig Arbeiten aus einer Zeitschrift in anderen Zeitschriften zitiert werden) aus, in denen sie publiziert haben. Diesem Maß zufolge zählen die US-Fachzeitschrift "Science" und ihr britisches Pendant "Nature" zu den bedeutendsten Publikationen auf dem Markt.

"Der Impact-Faktor ist einfach deshalb so populär geworden, weil er eine leicht handhabbare, quantitative, schwer manipulierbare Größe ist", so der MUW-Forscher. Auch wenn der Impact-Faktor in Genauigkeit und Aussagekraft "maßlos überschätzt" würde, so sei er zeitgemäß.
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Rennen zwischen "Nature" und "Science"
Die Impact-Faktoren von "Science" haben in den vergangenen Jahren zwischen den Werten 26 und 31 geschwankt, der Wert lag im Juni 2008 bei 26,372. Mit 28,751 hatte "Nature" zuletzt die Nase vorne. Zum Vergleich: Die "Proceedings of the National Academy of Sciences" (USA) hatten 2007 einen Impact-Faktor von 9,6, die "Wiener klinische Wochenschrift" 0,885.
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Publikationsverhalten steuern
Die Forscher wieder zum Erzählen der großen, gehaltvolleren Geschichten zu bringen, sieht Sandkühler unproblematisch: "Man kann im Grunde dieses Verhalten ganz leicht steuern. Wir haben inzwischen eine leistungsorientierte Mittelvergabe, in die auch die Impact-Faktoren der von einer Arbeitsgruppe publizierten Arbeiten eingehen."

Schon bisher habe sich der Wissenschaftler überlegen können, ob er den Impact-Faktor sammeln will, in dem er 15 Miniarbeiten oder ein bis zwei Großarbeiten veröffentlicht - mit demselben Resultat.
Nur besten Arbeiten berücksichtigen
Ergänzend dazu könne das Verhalten nun gesteuert werden, in dem nicht der gesamte Impact-Faktor einer Arbeitsgruppe eines Jahres in die Beurteilung einbezogen werde, sondern vielmehr nur jener "der drei, vier besten Arbeiten".´

Der Markt der Zeitschriften würde sich anschließend "selbst bereinigen" und wieder kleiner, so Sandkühler.
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Erfolgsquoten bei "Science" und "Nature"
Nur rund 25 Prozent der rund 15.000 Einreichungen pro Jahr schaffen es laut Sandkühler in die der Veröffentlichung vorgeschalteten Begutachtung ("Peer Review") und "davon wiederum rund 20 Prozent in die Zeitschrift". Die Ablehnungsquote liegt demnach bei 95 Prozent. "Nature" hat laut Angaben auf der Website Platz für rund zehn Prozent der 170 pro Woche eingereichten Arbeiten. Im Jahr 2007 standen sogar 10.332 Einreichungen nur 808 veröffentlichte Arbeiten gegenüber - 7,82 Prozent erschienen demnach im Blatt.
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Drei bis zehn Arbeiten pro Woche
Wie bereits im Jahr 2007 wurde Sandkühler auch heuer wieder in das aus insgesamt rund 150 Mitgliedern bestehende "Board of Reviewing Editors" von "Science" gerufen. Die Funktion der nicht-hauptamtlichen Herausgeber als Vertreter der einzelnen Fachrichtungen ist, die Kompetenz und Expertise der hautberuflichen Herausgeber zu unterstützen.

Die Zustimmung der wissenschaftlichen Editoren ist die erste Hürde, die es auf dem Weg zu einer Publikation in "Science" zu nehmen gilt. So empfehlen sie den Chef-Editoren eingereichte Arbeit zum intensiven Review-Prozess sowie Gutachter. Im Zuge seiner Herausgebertätigkeit erreichen Sandkühler zwischen drei bis zehn Arbeiten pro Woche.

[science.ORF.at/APA, 4.9.08]
->   "Science"
->   "Nature"
->   Jürgen Sandkühler
 
 
 
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01.01.2010