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Kosmischer "Tacho" spürt Exoplaneten auf  
  Bisher haben Forscher mehr als 300 extrasolare Planeten im All entdeckt, eine zweite Erde war allerdings (noch) nicht dabei. Das könnte sich unter Umständen bald ändern: Astronomen haben nun eine Art kosmischen "Tachometer" entwickelt, der die Suche deutlich vereinfachen wird. Er arbeitet bis zu tausend Mal sensibler als herkömmliche Verfahren.  
Planetennachweis durch Rückstoß
Planeten außerhalb unseres Sonnensystems verraten sich nur indirekt: Wenn sie sich um ihren Stern drehen, spürt dieser einen Rückstoß und entfernt oder nähert sich der Erde periodisch. Das stellen Astronomen anhand des Dopplereffekts fest: In etwa wie die Sirene eines Krankenwagens, der sich nähert, höher klingt, als wenn er sich entfernt, verschiebt sich auch das Licht eines sich bewegenden Sterns.

Nähert er sich, erscheint sein Licht ins Blaue verschoben, entfernt er sich, wirkt es rötlicher. Bislang lassen sich auf diese Weise nur Planeten von der Größe des Jupiter oder Saturn aufspüren. Denn nur sie zerren so stark an ihrem Zentralstern, dass die Dopplerverschiebung von dessen Licht auf der Erde messbar ist.
Sternenlicht in der Farbanalyse
Bild: Eso
Mit Hilfe von Laserlicht als Referenzgröße - ein Frequenzkamm - könnte sich die Farbe des Sternenlichts sehr viel genauer bestimmen lassen: "Wir hoffen, dass wir dann auch Verschiebungen von einem Zentimeter pro Sekunde feststellen können", sagt Thomas Udem, der am Max-Planck-Institut für Quantenoptik ein entsprechendes Projekt leitet.

Bislang können Astronomen nur den Dopplereffekt bei Sternen beobachten, die sich mit zehn Metern pro Sekunde auf die Erde zu oder von ihr weg bewegen. Zum Vergleich: Die Erde verpasst der Sonne einen Schubs von zehn Zentimetern pro Sekunde. "Im Vergleich zu den 220 Kilometern pro Sekunde, mit der sich die Sonne um das Zentrum unserer Galaxie dreht, ist das lächerlich", so Udem.

Bild rechts: Das von Teleskopen gesammelte Licht wird über eine Glasfaser zu einem Spektrografen geleitet und dort in seine einzelnen Farben aufgefächert. Deren genaue Frequenez ergibt sich aus dem Vergleich mit dem Frequenzkamm - zu erkennen als Linien mit regelmäßigem Abstand.
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Die entsprechende Studie, "Laser Frequency Combs for Astronomical Observations", ist im Fachjournal "Science" (Bd. 321, S. 1335; doi: 10.1126/science.1161030) erschienen.
->   Science
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Nachweis gefordert: Expansion des Universums
Die höhere Messgenauigkeit könnte zudem helfen, innerhalb von rund zehn Jahren festzustellen, ob sich das Universum tatsächlich immer schneller ausdehnt. Das zeigen zumindest indirekte Messungen des kosmischen Mikrowellenhintergrunds.

Setzt man das gefundene Mikrowellenmuster in die Gleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie ein, die als gültig vorausgesetzt werden, ergibt sich eine Beschleunigung. Als deren Ursache nehmen Forscher eine noch nicht näher bestimmte Dunkle Energie an, die den größten Teil der Energie im Universum ausmachen soll.

Bislang wurde aber noch nicht direkt nachgewiesen, dass sich die Ausdehnung des Universums tatsächlich beschleunigt. Mit der derzeit möglichen Messgenauigkeit müssten Astronomen nämlich mehrere tausend Jahre warten, um den vorausgesagten Effekt an einem geeigneten Objekt im All festzustellen.

"Wenn wir das nicht nachweisen können, müssen wir die Allgemeine Relativitätstheorie, die im Gegensatz zur speziellen bislang nicht sehr gut experimentell belegt ist, verwerfen oder erweitern", sagt Thomas Udem.
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Rotverschiebung
Durch die Expansion des Universums sieht es so aus, als würden sich alle Galaxien von uns wegbewegen. Wie der US-Astronom Edwin Hubble in den 1920er Jahren herausgefunden hat, sind die Spektrallinien des galaktischen Lichts in Richtung Rot, d.h. in den langwelligen Bereich verschoben. Würde sich das Universum zusammenziehen, wäre der umgekehrte Effekt beobachtbar: Die Spektrallinien erschienen dann "blauer" als sie tatsächlich sind.
->   Video: Rot- und Blauverschiebung
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Nobelpreis-Anwendung
 
Bild: MPG

Für die Entwicklung des Freuenzkammes (Bild oben) hat im Übrigen der deutsche Physiker Theodor Hänsch den Nobelpreis für Physik im Jahr 2005 erhalten. Wie genau die Frequenzmessung kosmischen Lichts ist, "hängt nur von der Genauigkeit der Atomuhr ab, mit der wir die Frequenzen abzählen", erklärt Udem: "Für Anwendungen in der Astronomie reichen uns da selbst preiswerte Atomuhren."

Bislang haben die Forscher die Methode erst dem Prinzip nach getestet und noch keinswegs ausgereizt. Momantan kann man Geschwindigkeitsschwankungen von Exoplaneten feststellen, die im Bereich von neun Metern pro Sekunde liegen.

"Das ist schon ein bisschen besser als der derzeitige Standard. Und dabei haben wir mit einem Sonnenteleskop getestet, das für diesen Zweck gar nicht ausgelegt ist", sagt Udem. Mit besseren Teleskopen und feineren Frequenzkämmen soll bald die Zentimetermarke fallen.

[science.ORF.at/MPG, 4.9.08]
->   Max-Planck-Institut für Quantenoptik
->   Frequenzkamm - Wikipedia
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01.01.2010