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Fischer als Aktionäre  
  Der weltweite Fischbestand steht vor dem Kollaps. Ein neuer Plan soll das verhindern: Jeder einzelne Fischer erhält eine individuelle Fangquote. Wie eine Aktie kann dieser Anteil auch gekauft und verkauft werden. Der Wert steigt mit dem Fischbestand. Eigentum und Verantwortung soll sich positiv auf bedrohte Populationen auswirken.  
Das System könnte laut einer aktuellen US-amerikanischen Studie die Gefahr der Überfischung der Meere halbieren. Das Modell sei nachhaltig und auch wirtschaftlich sinnvoll.
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Die Studie "Can Catch Shares Prevent Fisheries Collaps?" (von Christopher Costello et al. ist in der aktuellen Ausgabe von "Science" (19. September, Bd. 231, DOI: 10.1126/science.1159478) erschienen.
->   Studie
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Drohende Überfischung
Aufgrund des starken Wettbewerbs auf dem Fischmarkt und der sehr hohen Treibstoffpreise fangen viele Fischer mehr als sie dürfen, um ihr Einkommen zu sichern.

Nach Angaben der Umweltorganisation WWF (World Wide Fund for Nature) wird sogar rund ein Drittel des weltweiten Fischfangs illegal aus dem Meer gezogen. Experten befürchten daher schon seit vielen Jahren, dass sich die Bestände irgendwann nicht mehr erholen können.
Fangraten als Kapitalanteil
Ein Ansatz, das Problem zu lösen, sind individuelle Fischraten, welche es in Neuseeland, Australien und Island und zunehmend auch in den Vereinigten Staaten und Kanada gibt. Die Idee: Jeder einzelne, also jeder Fischer, erhält einen fixen Anteil an der gesamten Fischquote, welche jedes Jahr neu durch Wissenschaftler festgelegt wird.

Ähnlich wie bei einem Kapitalanteil an einer Firma, können diese gekauft und verkauft werden. Dabei steigt der Wert jedes Anteils, wenn der Fischbestand wächst. Jeder Anteilseigner ist so mitverantwortlich für die Wertsteigerung.
Geringerer Verlust bei der Fischpopulation
Bis jetzt hatte man immer nur kleine Erhebungen zum Nutzen des Konzepts durchgeführt. Für die aktuelle Studie haben Christopher Costello von der University of California und sein Team die Daten von über 11.000 Fischereien von 1950 bis 2003 ausgewertet.

Dabei stellte sich heraus, dass die Fischereizonen der Fischer, die bereits unter den Bedingungen der zugesicherten, individuellen Fangraten arbeiteten, in wesentlich besserer Verfassung waren als die der anderen Fischer.

Je länger ein Fischer bereits mit den individuellen Fangmengen arbeitete, umso geringer war auch der Verlust der jeweiligen Fischpopulation. Die Garantie bestimmter Fangraten ermutigt offenbar die Fischer, noch genügend Tiere im Meer zu lassen, damit die Population erhalten bleibe.
Maßgeschneidertes Modell für jede Fischerei
Um alle Vorteile des Modells voll auszuschöpfen, müssen die Anteile laut den Forschern für die ökologischen, ökonomischen und sozialen Charakteristika einer Fischerei maßgeschneidert sein.

Das System könnte etwa auch den Beifang reduzieren, das heißt den unerwünschten Fang bedrohter oder nicht zu verkaufender Arten verhindern und so das Ökosystem schützen. Indem man den Beifang limitiert, bilden individuelle Fangraten so auch einen Anreiz, umweltverträgliche Fangmethoden zu entwickeln, wie etwa selektivere Fischgeräte.
Behördliche Kontrolle und Einzelverantwortung
Außerdem müsse auch darauf geachtet werden, dass die Anteile einzelner nicht zu groß werden. Das sei Aufgabe der regionalen Behörden.

Insgesamt sichert das Wirtschaftsmodell laut den Wissenschaftlern den Fischern ihr Geschäft und appelliere gleichzeitig an ihr Verantwortungsbewusstsein. Die Zahlen bestätigen den Erfolg dieses Vorgehens.

Eva Obermüller, science.ORF.at, 19.9.08
->   Christopher Costello
->   WWF
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Erfolgreicher Meeresschutz in Großbritannien (18.7.08)
->   UNEP: Viele Fische könnten aussterben (25.2.08)
->   Fischerei greift massiv in Fisch-Evolution ein (23.11.07)
 
 
 
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01.01.2010